Ein musikalisches Chamäleon – CLEMENS WENGER im mica-Porträt

Clemens Wenger 1Nach einem musikalischen Feld, über das sich CLEMENS WENGER nicht schon irgendwann einmal bewegt hat, nun, nach einem solchen muss man schon etwas länger suchen. Der 1982 in Krems geborene Pianist, Keyboarder, Elektroniker und Komponist ist wohl genau das, was man geläufig ein einen nimmermüden Aktivposten nennt. Seine zahlreichen Kooperationen mit anerkannten Musikgrößen unterschiedlichster Sparten, sein maßgeblicher Anteil an der Gründung der JAZZWERKSTATT WIEN, seine vielen eigenen Projekte und auch der überaus erfolgreiche Ausflug mit der bereits mehrfach mit dem AMADEUS AUSTRIAN MUSIC AWARD ausgezeichneten Wiener-Soul-Combo 5 ACHTERL IN EHR‘N auf die große Bühne der heimischen Musikszene beschreiben dabei nur im Ansatz sein gesamtes Wirken.

Clemens Wenger zählt ohne Zweifel zu den aktivsten Vertretern der heimischen Musikszene. Blickt man nur alleine auf die Zahl der Alben, die in den vergangenen Jahren veröffentlicht worden sind und seinen Namen im Booklet tragen, kann man getrost zu dem Schluss kommen, der Pianist und Komponist sei wirklich unermüdlich am Werken. Es gibt wohl nur wenige, die mit einer solch hohen Frequenz ein Projekt nach dem anderen auf den Weg und auch tatsächlich zum Abschluss bringen.

Gründung der JAZZWERKSTATT WIEN

Seine Studienzeit begonnen hat der Niederösterreicher einmal im Jazz. Er studierte bei Paul Urbanek am Gustav Mahler Konservatorium Jazzklavier, anschließend Jazztheorie und Komposition am Konservatorium Wien Privatuniversität. Im Laufe seiner Ausbildungszeit lernte Clemens Wenger zudem auch mit Clemens Salesny, Wolfgang Schiftner, Daniel Riegler, Bernd Satzinger und Peter Rom jene Leute kennen, die fortan seine musikalischen Wegbegleiter werden sollten. Die sechs Musiker teilten die Meinung, dass in Wien für die junge heimische Jazzszene einfach zu wenig passiere und es notwendig sei, die eigenen Kräfte zu bündeln, um an dieser Situation irgendetwas ändern zu können. Gesagt, getan gründeten sie gemeinsam 2004 den Verein Jazzwerkstatt Wien mit einem dazugehörenden gleichnamigen Label. Was die sechs Jazzer damals im Sinn hatten, war die Schaffung einer Plattform, die als Anlaufstelle für die junge Szene dienen und ihr die Möglichkeit bieten sollte, sich zu präsentieren und zu vernetzen. Aus der einstigen kleinen Gruppe von sechs ist mittlerweile eine bedeutende musikalische Institution geworden, die aus dem Wiener Musikleben nicht mehr wegzudenken ist.

Ein musikalisches Chamäleon

Clemens Wenger 2Die Frage nach der stilistischen Ausrichtung seines musikalischen Schaffens beantwortet der Niederösterreicher schlicht und einfach mit der kompletten Verweigerung, sich auch nur in irgendeiner Art und Weise auf nur ein einzelnes Genre zu fokussieren. Blickt man auf seine vielen Projekte, die er als Musiker und Komponist betreibt, zeigt sich, dass man es hier mit einem echten musikalischen Chamäleon zu tun hat. Clemens Wenger liebt das Experimentelle und Avantgardistische ebenso wie das Leicht-ins-Ohr-Gehende, er überzeugt genauso solo, wie er es auch als Mitglied einer Band oder eines großen Klangkörpers tut. Als Komponist ist er jemand, der alle musikalischen Grenzen außer Kraft setzt und Dinge miteinander in Verbindung bringt, die alles andere als zusammengehörig erscheinen.

Stilistische Offenheit

Egal ob es ihn nun in den Jazz, die Elektronik, die Weltmusik, in die Klangkunst oder Elektroakustik, in die Computermusik, Neue Musik oder in das Wienerlied treibt, er versteht es, in welchem Kontext auch immer, eigene Akzente zu setzen. Mit seinem Trio nee. etwa widmete er sich in fast schon wissenschaftlicher Manier der Mikrotonalität in der Musik („The Truth is on Fire“, 2012), dem Jazzorchester Vorarlberg komponierte er mit „Morphing“ ein Werk, das fernab jeglicher stilistischer Klassifizierung existiert (2014). Dass für ihn auch der Pop beziehungsweise der Soul mit Wiener Note kein rotes Tuch ist, zeigt der umtriebige Freigeist als Mitglied der Band 5 Achterl in Ehr‘n, die mittlerweile weit über die heimischen Grenzen hinaus zu Bekanntheit gelangt ist. Die Aufzählung seiner verschiedenen Projekte ließe sich noch seitenweise fortführen.

Die Liste der Namen von MusikerInnen und Bands, mit denen Clemens Wenger in den letzten Jahren zusammengearbeitet hat, liest sich ebenfalls imposant: Steven Bernstein, James George Thirlwell, Max Nagl, Maja Osojnik, Wolfgang Reisinger, Valérie Sajdik, Andy Manndorff, Clemens Salesny, Gerald Preinfalk, Willi Resetarits, Georg Breinschmid, Ausseer Hardbradler, Die Strottern, Kelomat und Studio Dan, um nur einige wenige zu nennen.

Wo der Weg den Niederösterreicher noch überall hinführen wird? Man muss sich schon überraschen lassen. Auf jeden Fall darf angenommen werden, dass Clemens Wenger mit seiner Fähigkeit, sein Spiel und seinen Stil immer wieder neu zu definieren, das Ende der Fahnenstange seines kreativen Schaffens noch lange nicht erreicht hat

Michael Ternai

Fotos: Rania Moslam

 

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