Ein Herz für Klangmaschinen – ELISABETH SCHIMANA im mica-Porträt

Als mechanisch und kalt werden elektronische Instrumente oftmals beschrieben. Doch gerade die physische Kälte ist es, die einem analogen Synthesizer Leben einhaucht. Denn Temperaturschwankungen führen zum Verstimmen der Oszillatoren – dem “Herz” der Klangmaschine, wie ELISABETH SCHIMANA die essenziellen Bauteile des Instrumentes beschreibt und dabei ins Schwärmen gerät.

Anders als bei akustischen Instrumenten ist als RezipientIn nicht immer nachvollziehbar, wie die Klänge entstehen; denn einerseits fehlt neben dem Wissen über das Funktionieren der Klangmaschinen auch die Körperlichkeit, die bei klassischem Instrumentarium vielfach ein bedeutendes Mittel der Kommunikation zwischen InterpretIn und Publikum darstellt. Dem gemeinen Eindruck entgegen beschreibt die Medienwissenschaftlerin Ute Holl im Booklet zu Schimanas “Höllenmaschine” die Beziehung zwischen Musikerin und Klangmaschine als emotionale Einheit.

Dies mag an mehreren Faktoren liegen, etwa der intensiven Auseinandersetzung, der es zum Erlernen des Instrumentes bedarf. Denn das Wissen um das Funktionieren der Bauteile ist ebenso notwendig wie das zeitintensive Erproben und Erforschen der Klangmöglichkeiten, um dem Teil mittels Tasten, Reglern und Kabeln die gewünschten Klänge zu entlocken. Dies dürfte auch der Grund sein, warum Schimana dem Synthesizer zuschreibt, dass er einen lehre, mit den Ohren und nicht mit dem Kopf zu hören. Schließlich kann man nicht auf bereits bestehendes Notenmaterial und eingefahrene Klangvorstellungen zurückgreifen, sondern wird mit den klanglichen Resultaten konfrontiert, die es weiterzuentwickeln gilt.

Zwischen brachialen Klängen und feinen Nuancen

Wenn Elisabeth Schimana in Interaktion mit dem Gerät tritt, wird klar, dass es sich bei ihr um eine Meisterin ihres Faches handelt. Etwa in dem bereits genannten Werk “Höllenmaschine”, in dem die Pianistin Manon Liu Winter auf den beiden Manualen in die Tasten greift, während Schimana gekonnt die jeweiligen Schaltkreise steckt, um den rauschenden, knacksenden Klang zu verändern. In den Wiederholungen kurzer Passagen, wie sie mehrere Werke von Schimana prägen, machen sich stätige Veränderungen bemerkbar, durch die man das zuvor Gehörte in feinen Facetten verfolgen kann.

Feinste Nuancierungen, die zum Hinhören nahezu drängen, finden sich etwa auch in “den Zwischenraum bauen und eine Kruste bilden vom Fließenden”. Schon der Titel birgt reichlich Raum für Assoziationen, die mit den leisen, sich langsam weiterentwickelnden Klängen in Verbindung gebracht werden können. Und so wird man nicht nur als Interpretin, sondern auch als Hörende/r dazu animiert, genau hinzuhören und herauszufinden, wohin der akustische Weg der kleinen Veränderungen und des sensiblen Changierens führt. Wenngleich es gelegentlich auch brachial zugehen kann, so baut Schimana dezidiert nicht auf den Faktor Lautstärke.

Unabhängig von Geschlecht und anderen Kriterien

Die Leidenschaft Schimanas macht nicht nach dem Schaffen eigener Werke halt. Um der Geschichte elektronischer Klangerzeugung auf den Grund zu gehen und um “nach verschwundenen, vergessenen Technologien” zu forschen, gründete sie das Institut für Medienarchäologie in Hainburg, dessen Ziel in der “Einbettung und theoretischen Reflexion der aktuellen Kunstproduktion in einen historischen Gesamtkontext” liegt. Insbesondere die Arbeit von Frauen rückt dabei ins Zentrum, spielen die weiblichen Vertreter unserer Gesellschaft doch – Emanzipation hin oder her – in der Öffentlichkeit im Bereich der elektronischen Musik nur eine marginale Rolle. So setzt diese Initiative einen wesentlichen Schritt, um diesem Umstand Abhilfe zu schaffen.

Auch in ihrem Schaffen von Radiokunst widmet sie sich dem Gender-Thema und zeigt etwa in der Zusammenarbeit mit Tamara Wilhelm in “Good News im QuotenJournal”, wie ungleich die Förderungen der Länder und des Bundes zwischen Männern und Frauen verteilt sind. Und so trägt das Projekt hoffentlich dazu bei, dass Kunst (wie auch jegliche andere Leistung) in möglichst naher Zukunft unabhängig von Geschlecht und anderen äußeren Kriterien zu beurteilen. (dw)

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