Dort wo es keine stilistischen Grenzen mehr gibt – MADAME BAHEUX

Madame Baheux sind Jelena Popržan, Ljubinka Jokić, Lina Neuner und Maria Petrova. Wem die vier Musikerinnen ein Begriff sind, der kann sich ausmalen, wohin die Reise geht. Wem nicht, dem sei gesagt, dass der Wiener Vierer mit seinem selbstbetitelten und eben bei Lotus Records erschienenen Erstlingswerk vermutlich DAS Weltmusikalbum des Jahres aus Österreich veröffentlicht hat.

„Art-Worldmusic?“

Eigentlich bedarf die Formation Madame Baheux keiner wirklich großen Vorstellung mehr. Besonders dann nicht, wirft man erst einmal einen Blick auf die Namen der vier an dieser Band beteiligten Damen. In Formationen und Ensembles wie etwa den aktuell für Furore sorgenden Catch-Pop String-Strong, der legendären Wiener Tschuschenkapelle, Wladigeroff Brothers oder Die Dreckige Combo mitwirkend, haben sich Jelena Popržan (Viola, Gesang), Ljubinka Jokić (Gitarre, Gesang), Lina Neuner (Double Bass) und Maria Petrova (Schlagzeug) in den letzten Jahren in der heimischen Weltmusikszene und über diese hinaus einen Namen machen können.

Wo man das auf dem Erstlingswerk von Madame Baheux zu Gehör Gebrachte stilistisch exakt einordnen kann? Nun, eine auf die Schnelle gar nicht einmal so leicht zu beantwortende Frage. Im Rock würde man diese oder eine ähnliche musikalische Form wohl Artrock nennen, das heißt, ein doch deutlich anspruchsvolleres Songwriting, viele Rhythmuswechsel und ein große Abwechslung in einem doch etwas künstlerischerem Kontext. Vielleicht könnte man für die Musik von Madame Baheux ja einen gänzlich neuen Begriff verwenden. Wie wäre es mit „Art-Worldmusic?“

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Immense musikalische Vielfalt

Auf jeden Fall scheint es so, als ließen sich Jelena Popržan, Ljubinka Jokić, Lina Neuner und Maria Petrova in der Verwirklichung ihrer eigenen musikalischen Vorstellungen in keinster Weise einschränken. Ihre Songs, Neubearbeitungen (u.a. von Stücken von Aleksandar Šišić und Georg Kreisler) und Covers („The Moving On Song“ von Ewan MacColl) führen sie fast überall hin, in den Jazz, den Rock und Pop, in die unterschiedlichsten Folkmusiken, ins Wienerlied, in den Blues und und und. Sogar orientalisch Angehauchtes klingt hin und wieder durch.

Das Erstaunliche und zugleich Schöne an der ganzen Sache ist, dass trotz all der musikalischen Vielfalt und der großen Zahl an Einflüssen, alles seine Richtung hat und sich nicht im Überambitionierten verliert. Das, was das serbisch-bosnisch-bulgarisch-österreichische Quartett mit unbeschreiblichen Spielwitz auf den Weg bringt, hat alles Hand und Fuß: die hochenergetisch, verrückt-virtuos gespielten Passagen, die fast schon Gänsehaut erzeugenden gefühlvollen elegischen Momente, die wunderbaren, sich unaufhörlich bis zum Höhepunkt steigernden Instrumentalteile.

Das Debütalbum von Madame Baheux ist, auf den Punkt gebracht, die musikalische Lebendigkeit pur. Mitreißend, berührend, originell, eigenständig, unterhaltend und fordernd. Ein wirklich starker erster Auftritt, dem hoffentlich noch einige folgen werden.
Michael Ternai

http://www.madame-baheux.com
http://www.lotusrecords.at/