DIE VERWEGENEN – „Bedenklich“

„Es darf auch mal obszön sein!“ So und anders lautet die Botschaft dieser oberösterreichischen Rockband, die mit ihrer ersten CD ein Statement für das gepflegte Motto „Es ist gut so, wie ich bin“ abgibt. Es wird sich aufgebäumt gegen Doppelmoral und man steht frech und frei zum (körperlichen) Menschsein.

Das in Neuhofen an der Krems gegründete Quartett bestehend aus Maks am Mikro und Fotzhobel, Kitamoo an der Gitarre, Nikomooo am Bass und MDH am Schlagwerk bringt eine interessante Mischung aus sehr gut gespieltem Gitarrenrock und deutschen Texten mit reizendem Inhalt.

Nimms persönlich!

„Wenn ich dich sehe, geht in mir was hoch.“ Dass mit diesem, in Bezug auf weitere Formulierungen textlich verhältnismäßig harmlosen Sager nicht das „Geimpfte“ gemeint ist (in Oberösterreich zumindest), besingt Maks lüstern und verdammt ehrlich im Aufriss-Song „Ins Bett“. Da wird nicht lange herumgefackelt oder verbal vorgespielt, passend dazu Up-Tempo Licks und Fills. Ähnlich im Lied „Ich krieg dich“. Dass Plastik nicht nur ein Herzensthema von Meeresbiologinnen und -biologen ist, darauf weist das Ensemble in der Auskoppelung „In einem Punkt“ hin. Unverblümt wird auch der Massenkonsum des Kaviar-Kleinbürgertums auf die Schaufel genommen: „Kauf, egal ob du es brauchst oder nicht“ enttarnt jeden Werbeslogan – und wo sie recht haben, haben sie recht.

„Ich brauche keinen, der mir meine Sätze fertigdenkt.“

Unverschämt direkt geht es in „Präsident“ zur Sache. Ein Strauß g‘schmackiger Metaphern und unbeschönigter Bildbeschreibungen zwingt die Ohren sofort zu Aufmerksamkeit, um nicht zu sagen: zum gefühlten Gleichschritt. Das kleine, feine musikalische Hendrix-Zitat am Ende der Antikriegshymne rundet die Message gekonnt ab.

Gegen Schwarz-Weiß-Denken, Ausländerfeindlichkeit, emotionale Scheuklappen, Vorurteile und Arroganz richten sich die Textzeilen aus „Einfach gestrickt“, denn wohin eine „Hauptsache Bier“-Einstellung führen kann, beschämt und beschäftigt nicht nur diese Band. Überzeugend bei den Lyrics der Verwegenen generell ist einerseits das Aufgreifen von heißen Themen nicht nur beziehungstechnischer Art, sondern auch, trotz jeder Menge „schlimme“ Wörter, reflektiertes Argumentieren der Sorte „reif, aber bissig“. Selbst wenn Sex on the table et cetera nicht nur bei Gerti-Senger-LeserInnen seit Langem zum Must-have unerlässlicher Beziehungserhaltungsarbeit gehört, entlockt einem die (einzige englischsprachige) Komposition „Sex everywhere“ einfach ein zartes Lächeln.

Insgesamt, meine ich, erwartet einen nicht nur fetter, gut gemischter Rock auf dem Tonträger, sondern auch Texte ohne Furcht vor Tadel. Zu bedenkenswerten Nebenwirkungen fragen Sie Ihre ChorleiterInnen oder GehörbildungsspezialistInnen.

Alexandra Leitner

 

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