David Helbock war immer schon ein Musiker, der zu überraschen vermochte. Sich nie wirklich exakt auf eine einzelne Richtung festlegend, zeigte sich der gebürtige Vorarlberger in stilistischen Fragen immer schon als eine Art musikalisches Chamäleon, das je nach Umgebung seine Farbe wechselt. In seinem Trio Random/Control treibt der Pianist sein Spiel mit der Unvorhersehbarkeit nun weiter an die Spitze. Was er auf dem Ende Jänner erscheinenden neuen Album „Think of Two“ (Traumton) gemeinsam mit seinen Kollegen Johannes Bär und Andi Broger nämlich auf den Weg bringt, ist ein beeindruckendes und in mitreißender Form umgesetztes Beispiel für die absolute musikalische Vielfalt. Stilistisch ein unerhört weites Spektrum abdeckend und zugleich ein Höchstmaß an Spielwitz an den Tag legend, bringt das Dreiergespann spannende Bearbeitungen von Lieblingsstücken auf den Weg, die, auch aufgrund des Einsatzes mehrerer Dutzend Instrumente, einer Art großem Klangtheater schon sehr nahe kommen.
Dem Album praktisch Pate gestanden sind mit Thelonious Monk und Hermeto Pascoal zwei der ganz großen Ikonen der Jazzgeschichte. Es sind nämlich vorwiegend Stücke dieser zwei Musiker, die sich David Helbock, Johannes Bär (u.a. Trompete, Flügelhorn, Posaune, Tuba, Flöte, Beatbox Percussion, Elektronik) und Andi Broger (u.a. Saxophon, Klarinetten, Elektronik, Perkussion) zwecks Neubearbeitung zur Brust genommen haben. Und wie auch ihre Vorbilder unternehmen sie im Trio den Versuch, die Grenzen des Jazz hin auch zu anderen Richtungen aufzuweichen, was ihnen auch auf eine mehr als eindrucksvolle Art gelingt. Schon vom ersten Ton an wird klar, wohin die im Rahmen einer zweitägigen Aufnahmesession im Berliner Traumton-Studio entstandene musikalische Reise geht. Die klangliche Vielfalt wird ganz groß geschrieben, genauso wie die Überwindung der üblichen Begrifflichkeiten, der gewollte Ausbruch aus den üblichen Strukturen des Jazz und die Liebe zum Experiment. Dem inzwischen in die deutsche Hauptstadt übersiedelten Vorarlberger Pianisten und seinen beiden kongenialen Partnern gelingt es auf eine fast unnachahmliche spielerische Weise, Brücken zu schlagen, von der Komposition hin zur Improvisation, vom Traditionellen hin zum Zeitgenössischen, von einem Stil zum anderen.
Zusätzliche Abwechslung erfahren die Nummern durch das stete Spiel der drei Musiker mit Gegensätzen und Kontrasten. Auf sehr verspielte, manchmal auch erfrischend schräge und von komplexer Rhythmusarbeit bestimmte Passagen folgen nicht selten langgezogene und eher ruhig gefühlvolle melodiebetonte Spannungsbögen, die sich wiederum selbst weiter hin zu ihren Höhepunkten steigern. Es ist ein ständiges Hin und Her, welches Random/Control praktizieren, eines aber, das wie aus eine Guss wirkt. Die spontanen Wendungen und Wechsel werden von David Helbock, Johannes Bär und Andi Broger in einen homogenen musikalischen Fluss übersetzt, der erfreulicherweise alle Sperrigkeit vermissen und das Dargebotene schnell erschließen lässt.
“Think of Two“ ist ein Album geworden, das aufgrund der musikalischen Vielfalt und der von den Beteiligten spürbar zum Ausdruck gebrachten Freude am Musizieren doch weit aus dem Rahmen fällt. Definitiv ein Stück Musik zum Hinhören. (mt)
Random/Control live
04.02. Musikwerkstatt Wels, Wels (AUT)
05.02. Bachschmiede Wals, Wals (AUT)
06.02. Auers Live Bühne, Neubeuern (DE)
07.02. Jazzclub Augsburg, Augsburg (DE)
08.02. Jazzclub Bamberg, Bamberg (DE)
Foto Random/Control: Severin Koller
David Helbock