Das RSO WIEN bleibt im RADIOKULTURHAUS, aber was wird aus Ö1 und seiner Musikabteilung?

In der Pressekonferenz am 11. Februar 2015, bei der CHRISTOPH BECHER als neuer Intendant des RSO WIEN präsentiert wurde, erklärte ORF-Chef ALEXANDER WRABETZ auf Anfrage, dass das FUNKHAUS in der Argentinierstraße als RADIOKULTURHAUS und als Standort des RADIO-SYMPHONIEORCHESTERS WIEN erhalten bleibe. Des Weiteren merkte er an, dass ihm auch der Rang des (denkmalgeschützten) GROSSEN SENDESAALS DES ÖSTERREICHISCHEN RUNDFUNKS als Veranstaltungsort mit seiner hervorragenden Akustik bewusst sei und dieser erhalten werden müsse. Auf die BetreiberInnen der Petition „Rettet das Funkhaus“ antwortete er kürzlich in einem Brief.

Das Szenario ist seit mehr als zwei Jahren: Nur noch RSO und RadioKulturhaus im Funkhaus. Noch einmal protestierten ORF-MitarbeiterInnen (Redakteurssprecher, Betriebsrätinnen und Betriebsräte und 200 MitarbeiterInnen des Senders) in einem offenen Brief gegen die Übersiedelung des Radio-Funkhauses auf den Küniglberg. In dem „dringenden Appell“ an ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz, Finanzdirektor Richard Grasl und Radiodirektor Karl Amon, der in der Tageszeitung „Der Standard“ veröffentlicht wurde, sprechen sich die UnterzeichnerInnen dafür aus, den Medienstandort Funkhaus zu einem „prestigeträchtigen Zukunftsprojekt im Sinne des öffentlich-rechtlichen Auftrags“ zu entwickeln. Kein gutes Haar lassen die Funkhaus-AktivistInnen an den Plänen einer Zusammenlegung der ORF-Standorte im ORF-Zentrum am Küniglberg. Den „multimedialen Newsroom als Einheitslösung“ nennen sie „Fetisch von gestern“. Ö1, FM4 und das Stadtradio Wien gehörten nicht an die Peripherie, sondern „ins Zentrum einer Metropole“. Durch das Aufgehen von Ö1 in einem multimedialen Cluster werde der Sender seine Autonomie verlieren.

Dies sei „bedauerlich“ und „einfach absurd“, antwortete der Generaldirektor des ORF nun ebenfalls per Brief. „Die Senderidentitäten der Radioprogramme bleiben erhalten. Die Argentinierstraße bleibt als Kulturstandort erhalten. Im Gegensatz zu den im Befürchtungskonjunktiv gehaltenen Unterstellungen werde ich – so lange ich Verantwortung trage – die Verwässerung der Marke Ö1 nicht zulassen. Ganz im Gegenteil.“

Und/aber: Ein gemeinsamer Standort für alle ORF-Medien im Wiener ORF-Zentrum biete die besten Voraussetzungen für die Produktion der ORF-Radio-, -Fernseh- und -Onlineangebote im Digitalzeitalter. Wrabetz weiter: „Der Verkauf des Funkhauses, der in diesem Jahr eingeleitet und im kommenden Jahr abgeschlossen werden soll, wird in voller Transparenz durchgeführt. Es gibt noch keinen feststehenden Käufer. Es ist durch die Standortzusammenführung kein Mitarbeiterabbau geplant.“

Über den Stand dieser Dinge äußerte sich Peter Huemer, bis 2002 wichtiger ORF-Journalist, am 26. Februar in einem Kommentar im „Standard“: „In der Debatte um die Absiedelung des Funkhauses und die Aufspaltung von Ö1 geht es nicht nur um Radioprogramme und Radioinformation. Es geht vielmehr um die Zukunft des ORF als gebührenfinanziertes Qualitätsmedium.“ Ungewöhnlich sei nicht die Debatte darüber, aber doch die Anzahl und Intensität öffentlicher Proteste, und „ungewöhnlich ist mittlerweile auch der Ton, in dem Geschäftsführung und Ö1 miteinander verkehren. Während der Generaldirektor milden Spott über die Sorgen von Ö1 gießt, ortet der Zentralbetriebsratschef eine ‚tiefsitzende Angerührtheit des Generaldirektors’.

Der Generaldirektor hat in seiner Stellungnahme bekräftigt: „Ö1 bleibt Ö1.“ Huemer erklärt: „Allein, man glaubt ihm nicht. Warum? Der interimistische Leiter von Ö1 Peter Klein hat das in einem Brief an den Stiftungsrat im Dezember 2014 begründet: Es gebe einen Strategieplan 2020, dem folgend Ö1 Teil eines Kultur-, Wissenschafts- und Religions-‚Clusters’ werden solle. Peter Klein weiter: ‚Ö1 bleibt, wie man uns mitteilt, das, was nicht in den multimedialen Newsroom soll und was nicht im Cluster aufgeht. Ö1 also als ,best of the rest’.“

Es werde eine Ö1-Channelmanagerin bzw. einen Ö1-Channelmanager geben, der bzw. dem die hauptverantwortliche Leitung mit eigenen Ressourcen und eigenem Stab obliegen werde. Huemer: „Was soll der mit seinem Stab leiten, wenn die Radioinformation im Newsroom produziert wird und Kultur, Wissenschaft, Religion im jeweiligen multimedialen Cluster jeweils auch einen eigenen Chef haben werden? Das wäre endlich in einem großen Gespräch zu klären, denn kein Mensch kennt sich aus. Das steigert Misstrauen und Wut.“ Dass die Radioinformation, und damit die Ö1-Information, im Newsroom verschwinde, sei das Problem. Dann bliebe von Ö1 in Wirklichkeit nichts übrig – außer der angekündigten Channelmanagerin bzw. dem angekündigten Channelmanager mit ihrem bzw. seinem Stab: „Das wäre ein Potemkin’sches Dorf mit Musik. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Senders befürchten jedenfalls, und sie haben dafür einigen Anlass, dass Ö1 zerstört werden könnte.“

Der Sendesaal als Ort für RSO-Wien-Konzerte

Erfreulich ist ja, dass der wunderbare Große Sendesaal weiterhin Ort für Konzerte, auch des ORF Radio-Symphonieorchesters, bleiben soll. Radiodirektor Karl Amon bekräftigte bei der Vorstellung von Christoph Becher, bei der er auch die Verlängerung des Vertrags des Chefdirigenten Cornelius Meister bis 2018 bekannt gab, dass es beispielweise für die „Freunde des RSO“ immer wieder die Möglichkeit gebe, das RSO Wien bei öffentlichen Proben zu erleben, in deren Anschluss man die Möglichkeit habe, den Dirigenten und die MusikerInnen bei einem Glas Sekt zu treffen. Das allerdings gegen Anmeldung und Bezahlung. Der Einsatz für die Erhaltung und ausreichende Dotierung des RadioKulturhauses als Veranstaltungs- und Auftrittsmöglichkeit gerade auch für neue Musik und aktuelle Musik aller Genres sei also nach wir vor ein wichtiges Anliegen.

Hoffnung machte die bei seiner Vorstellung in der Pressekonferenz geäußerte Stellungnahme Christoph Bechers, worin er seine Aufgabe als Intendant sieht: An erster Stelle stehe die Aufgabe des Orchesters, zeitgenössische Musik der Gegenwart vorzustellen und zu spielen. Es gehe zweitens darum, das Verhältnis sowohl zu seinem Publikum als auch zum Sender zu erhalten und zu pflegen. Drittens plädiere er ganz stark für das „Konzerterlebnis“, das das Orchester gewährleisten müsse. Dabei sei für ihn auch „Education“ entscheidend, es müsse Kooperationen geben und versucht werden, Zuwanderung von jungem Publikum zu erreichen.

Heinz Rögl

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