„DAS LEBEN EINER KOMPONISTIN ENTSPRICHT EINER DAUER-QUARANTÄNE” – MARGARETA FEREK-PETRIĆ IM MICA-INTERVIEW

Als Komponistin spielt MARGARETA FEREK-PETRIĆ mit den Feinheiten zweier Heimaten. Das Wiener Schnitzel kommt in die Pfanne, der Balkan auf den Teller. Ihre Jugend verbrachte FEREK-PETRIĆ in Zagreb, 2002 zog sie nach Wien und studierte unter IVAN ERÖD, CHAYA CZERNOWIN und KLAUS PETER SATTLER. Inzwischen nimmt die diesjährige Staatsstipendiatin eine wichtige Rolle in der österreichischen und kroatischen zeitgenössischen Musik ein. Sie schreibt Stücke über den Klimawandel und Twin Peaks, verstolpert den Walzer mit Mut zum Traditionsbruch – und nimmt als kommende Programmgestalterin der MUSIKBIENNALE ZAGREB ihre Verantwortung gegenüber der Geschlechtergerechtigkeit in der Neuen Musik ernst. Wie sie sich auf diese Aufgabe vorbereitet, warum die Kindheit im Kommunismus prägend war und wie man Beethoven und Brahms aus den Konzertsälen zurückdrängen könnte, erzählt MARGARETA FEREK-PETRIĆ im Gespräch mit Michael Franz Woels und Christoph Benkeser.

Woher stammt dein Interesse für Neue Musik?

Margareta Ferek-Petrić: Mit 14 Jahren schrieb ich mich in eine Musikschule ein, weil ich gerne Texte verfasste. Ich hatte Song-Ideen im Kopf, war aber nicht fähig, sie aufzuschreiben. Obwohl meine Mutter Klavierlehrerin war, spielte klassische Musik in meinem Leben bis dahin keine Rolle. Ich hasste sie sogar. Als Kind spielte ich zwei Jahre Flöte, aber ich war schlecht und es hat mich irgendwann nicht mehr interessiert. Literatur war schon eher meins. Ich habe viele Texte geschrieben und Lyrics auf Englisch. Eine meiner Lehrerinnen verband den Musikunterricht so gut mit Klassik, dass sich bei mir auf einmal etwas änderte. Plötzlich lauschte ich als Teenager auf meinen Wegen durch Zagreb Beethoven-Sinfonien. Schließlich gab es in den 1990er-Jahren kaum zeitgenössische Musik in Kroatien. Mit 19 ging ich nach Wien und kam in die Klasse von Ivan Eröd. Das große Angebot an verschiedenen Stilrichtungen in Wien war ausschlaggebend für meine Weiterentwicklung. Ivan Eröd war genau richtig in dem Alter, als ich nach Wien kam, es war aber genauso wichtig, später in der Klasse bei Chaya Czernowin zu studieren, um neue Wege zu entwickeln.

Wie kamst du auf die Idee, Komponistin zu werden?

Margareta Ferek-Petrić: Das war im letzten Jahr der Musikschule. Ich habe in unserem Zagreber Musikverein ein Stück von mir mit dem Schulchor und dem Kammer-Ensemble dirigiert. Die Leute applaudierten so lange, dass ich mir dachte: „Schön ist das!“. Außerdem hat mir der Prozess des Zusammenbastelns von Noten gefallen. Ab 15 Jahren schrieb ich Klavierstücke, die andere Musikerinnen und Musiker auch wirklich spielen wollten. Dieser Austausch zwischen interessierten Instrumentalistinnen und Instrumentalisten und die Lust, etwas zu kreieren, hat meinen Weg weiterhin bestimmt.

Hattest du auf diesem Weg weibliche Vorbilder?

Margareta Ferek-Petrić: Es ist eine Schande, wie wenig sichtbar weibliche Komponistinnen in der Geschichte sind. Ob Vorbilder männlich oder weiblich sind, war für mich aber nicht wichtig. Ich hatte das Glück, einen selbstbewussten Charakter zu entwickeln. Mein Vater hat mit mir ganz selbstverständlich Dinge gemacht, die man im damaligen Kroatien eher mit einem Sohn gemacht hätte – wir besuchten Auto- und Stuntmen-Shows aber auch Yachtmessen. Dadurch hatte ich keine Scheu vor Neuem, ich habe mir viel zugetraut und mich nie selber begrenzt.

Du bist während der 1980er Jahre in Zagreb aufgewachsen. Wie schlägt sich deine Herkunft im Zugang zur Musik nieder?

Bild Margareta Ferek-Petrić
Margareta Ferek-Petrić (c) B. Eylers

Margareta Ferek-Petrić: Ich wurde in den Kommunismus hineingeboren und auf einmal änderte sich das System. Ich war die letzte Generation von Pionierinnen und Pionieren in einem Schulcamp. Wir mussten kommunistische Gedichte rezitieren, „beschützt“ wurden wir von Leuten mit Kalaschnikows. Wir lernten Kyrillisch, anfangs musste ich meine Lehrerin sogar Drugarice [dt: Genossin; Anm.] nennen. Ein Jahr später war es bei Strafe verboten und Kyrillisch verpönt. Dann kam der Krieg. Ich habe später viel mit meinem Mann und meinen Freundinnen und Freunden darüber geredet und gemerkt, unter welchen extremen Umständen man leben kann, ohne dass man das richtig wahrnimmt. Zagreb war zwar keine Schlachtfeld-Zone, aber wir mussten oft in den Keller flüchten, wenn Flugzeuge vorbeiflogen und Bomben abwarfen. Normal war, sich vor Scharfschützen zu fürchten und ganz selbstverständlich, Flüchtlinge in der Klasse aufzunehmen. Diese extremen Erfahrungen beeinflussen dich. Andererseits hatten wir als Kinder viele Freiheiten. Ich war viel auf der Straße und habe mit den anderen Kinder Blödsinn gemacht. Niemand kümmerte sich darum. Deshalb hinterfrage ich heute übertriebenes Sicherheitsdenken und den Wohlstand, der sich auf die Entwicklung des Charakters auswirkt.

Welche Rolle spielte für dich die Musik in dieser Zeit?

Margareta Ferek-Petrić: Balkanmusik war für mich allgegenwärtig. Meine Eltern hörten zwar eher klassische Musik, mein Vater auch westlichen Rock von den Beatles und Queen. Das hat sich alles vermischt – und ist in meine Idee von Musik eingeflossen, als ich in Wien zu studieren begann. In einem anderen Land konfrontiert man sich stärker mit seiner Herkunft. Man sucht nach diesem Teil in sich, den man tiefer untersuchen will. Es gibt sehr komplexe Rhythmuselemente oder einzigartige Tonleitern, die ich in meine Kompositionen einfließen lassen könnte. Allein durch meine Herkunft will ich mich aber nicht definieren. Mittlerweile sage ich, dass ich zwei Heimaten habe: Kroatien und Österreich.

„ICH BRAUCHE DIESEN IMPULS EINES TITELS, UM MEINE GEHIRNZELLEN IN RICHTUNG EINES KLANGBILDES ZU BEWEGEN.“

Du hast einmal gesagt, dass du mit deinen Stücken Geschichten erzählen möchtest. Und zwar nicht in dem du sie aufschreibst, sondern in dem du sie in Tönen wiedergibst.

Margareta Ferek-Petrić: Die Titel der Stücke sind für mich sehr wichtig. Sie stehen am Anfang. Bei vielen Kolleginnen und Kollegen ist das umgekehrt. Ich brauche aber diesen Impuls eines Titels, um meine Gehirnzellen in Richtung eines Klangbilds zu bewegen. Das ist abstrakt, aber die Struktur, die Form und der Charakter eines Stückes können sich so herausbilden. Ohne Titel geht das für mich nicht.

Die Bedeutung von Titeln lässt sich in deinen Stücken sehr gut erkennen. Eine Komposition trägt den Titel „Wiener Schnitzel Uncensored“. Welche Konnotationen ruft das hiesige Paradegericht in dir hervor?

Margareta Ferek-Petrić: Das Stück entstand zu einer Zeit, in der ich mich noch öfter mit meiner Herkunft beschäftigt habe. Meine nicht aus der EU stammenden Freunde und ich hatten seit Jahren Probleme mit dem österreichischen Visa. Der Titel war meine innere Reaktion auf Ausländerfeindlichkeit und das Stimmungmachen gegen Fremde. „Wiener Schnitzel Uncensored“ stand für mich für eine pluralistische Gesellschaft. Durch den Mini-Einsatz des Donauwalzers habe ich versucht, die österreichische Tradition zu feiern. Andererseits habe ich versucht, sie zu zerstören und in einen Kontext zu bringen, der nicht mehr pur ist, sondern vermischt mit vielen Einflüssen. Da kommt mein Balkan-Einfluss zur Geltung – in Kombination mit Wiener Musik und deren zeitgenössischem Ausdruck durch experimentelle Techniken und ungewöhnliche Rhythmen.

Der Walzer kann – gerade in seiner Operetten-Tradition – als Sublimation von Sexualität gelesen werden. Du hast ihn bis zur Unkenntlichkeit verändert, trotzdem zeigt er sich in diesem Stück.

Margareta Ferek-Petrić: Klischees zu nehmen und sie in andere Kontexte zu setzen, sie also kaputt zu machen und gleichzeitig neu zu repräsentieren, das mag ich. Ich will durch diese musikalischen Gesten kleine metaphorische Impulse setzen, man kann damit aber natürlich die Welt nicht verändern.

„ICH MAG ES, DAS ENSEMBLE ALS KOMMENTATOR DER HANDLUNG ZU BENÜTZEN.“

„All the world’s a stage“ erhebt aber durchaus auch revolutionäre Ansprüche. Die Abfolge des Stücks ist bezeichnend: Power – more Power – War – Silence – Chaos. Dieser dialektische Prozess ist karikierend, pathetisch dramatisiert.

Margareta Ferek-Petrić: Ich benutze das Ensemble als Kommentator der Handlung. Das Stück ist als Satire gedacht und ein Kommentar auf Machthaber wie Erdoğan oder die Wahl von Trump. Ich fühle mich gleichzeitig privilegiert und ohnmächtig, wenn ich das als Komponistin kommentiere. Aber: nach der Ohnmacht kommt die Lust zu kreieren. Es ist eine Reaktion – Wörter als Kommentare in Stücken zu verwenden, das wollte ich schon länger. Die Musikerinnen und Musiker sind nicht immer glücklich mit dieser Herausforderung, weil sie es nicht gewohnt sind, zu spielen und schauspielerische Gesten hervorzubringen. Deshalb bin ich einfühlsam. Ich gebe keine großen Szenen vor, es sind eher punktuelle Impulse, die ich einsetze. Teilt mir eine Musikerin, ein Musiker mit, dass eine Stelle unmöglich zu spielen sei, gehe ich Kompromisse ein – solange ich meine Idee verfolgen kann.

Hast du Lieblingsinstrumente, für die du bevorzugt schreibst?

Margareta Ferek-Petrić: Ich bin eine Saxophon-Fetischistin. Das liegt sicher an Florian Fennes, der damals viel im Rahmen von SNIM im Echoraum gemacht hat. Die Flöte mag ich auch sehr gerne. Und Klavier, sofern man es erweitert. Vor der klassischen Gitarre habe ich mich bisher geschützt. Ich habe einfach das Gefühl, dieses Instrument nicht genügend zu kennen. Ich finde darin nicht die Kraft, die ich suche. Aber gleichzeitig würde ich gerne für E-Gitarre und großes Ensemble schreiben.

Für sirene operntheater hast du eine Kammeroper komponiert. Diese wird im Herbst im Rahmen von „Die Verbesserung der Welt – ein Kammeroperfestivals in sieben Runden” uraufgeführt. An sieben Tagen werden sieben Tugenden behandelt. Dein Stück mit dem Namen Elsa stellt die Musik für eine moderne Paraphrase zu Arthur Schnitzlers Fräulein Else bereit. Kannst Du näheres zu der Entstehung und zum Prozess dieser Zusammenarbeit mit dem sirene operntheater sowie der Librettistin Irene Diwiak erzählen?

Margareta Ferek-Petrić: Das Kammeroperfestival baut auf sieben tugendhaften Barmherzigkeiten auf. Ironie des Lebens ist es, dass ausgerechnet ich, als jemand die FKK-liebend ist, das Thema „Die Nackte bekleiden“ bekommen hat. Es war aber gar nicht so leicht, einen passenden Zugang zu finden. Der Text der Librettisten war schon fertig, ich konnte mir keinen Titel mehr ausdenken. Spannend war es trotzdem. Schließlich ist es meine erste Oper, es ist ein Experiment. Welche Ideen wirklich gut funktionieren und welche ich in Zukunft anders umsetzen muss, werde ich bei der Aufführung im Herbst sehen.

Beleuchten wir „Die Verbesserung der Welt“ für dich persönlich. Was würdest du in deinem Komponistinnen-Dasein gerne verbessern?

Margareta Ferek-Petrić: Die klassische Musikszene als Ganzes gesehen sollte sich mehr auf lebende Komponistinnen und Komponisten konzentrieren.

Der Anteil zeitgenössischer Werke in der österreichischen Konzertszene ist mit unter 10% immer noch gering. In Sachen Neue Musik belegt Österreich damit eine der letzten Plätze unter den großen Klassik-Nationen. Wie ließen sich Beethoven, Brahms und Bach aus den Konzertsälen drängen?

Margareta Ferek-Petrić
Margareta Ferek-Petrić (c) B. Eylers

Margareta Ferek-Petrić: Dass Musikerinnen und Musiker, Dirigentinnen und Dirigenten Alte Musik spielen möchten, die sie zu dem gemacht hat, was sie sind, ist klar. Ich hatte mehrmals das Glück, in Programmierungen reinzukommen, bei der Alte Musik mit meiner zeitgenössischen Musik gemeinsam aufgeführt wurde. Das fände ich einen guten Ansatz. Ich verstehe, dass nicht alle Klassik-Liebhaberinnen und Liebhaber zu Wien Modern gehen. Aber: Es gibt so viele Konzerte und Festivals im klassischen Bereich. Das sind so viele Chancen, um Stücke von alten, toten Komponistinnen und Komponisten mit denen von lebenden zu verbinden. Ich stelle mir da so etwas wie eine Quote vor. Drei alte Stücke – ein neues. Das könnte vielen Menschen die Ohren öffnen und Lust auf Neue Musik machen. Viele Veranstalterinnen und Veranstalter denken nicht an lebende Komponistinnen und Komponisten. Vielleicht spielt Angst eine Rolle, weil Neue Musik das Publikum abschrecken könnte. Oder einfach Ignoranz.

Du bist demnächst in der Lage, einen Beitrag zum Umdenken zu leisten – als künstlerische Leiterin der Musikbiennale Zagreb. Diese wurde von dem kroatischen Komponisten Milko Kelemen gegründet. Welchen Bezug hast du zu Milko Kelemen, dem Gründer des Festivals?

Margareta Ferek-Petrić: Leider habe ich ihn nie kennengelernt. Als er in Zagreb noch aktiv war, hatte ich keine Verbindung zu dieser Szene. Natürlich ist er einer der zeitgenössischen Komponisten, die in Kroatien angesehen sind. Er wird auch immer wieder aufgeführt. Aber: Selbst diese, aus heutiger Sicht „alte Musik“, fehlt im Unterricht von Musikschulen. Sie wird nur kurz erwähnt. In meiner Generation war er leider noch kein großes Thema. Als Persönlichkeit, die verantwortlich ist, dass dieses Festival überhaupt existiert, ist er aber sehr wichtig. Er hat der ganzen ex-jugoslawischen Region ein Festival geschenkt, das man – heute wie damals – dringend braucht.

Mit welchen Überlegungen wirst du das 60-Jahr-Jubiläum im Jahr 2021 programmatisch gestalten?

Margareta Ferek-Petrić: Ich habe mir das Programm wie eine Zeitreise vorgestellt. Man muss die Tradition von älteren Komponisten umarmen, aber auch aktuelle Strömungen und der Einsatz von neuen Technologien ist mir wichtig. Ich versuche, die Generationen fair zu verteilen. Zum Beispiel wird es Workshops für Kompositions-Studierende geben. Ich versuche auch eine balancierte Männer-Frauenquote von Komponierenden zu programmieren. Die Qualität der Stücke ist natürlich ausschlaggebend. Zum Glück ist die Auswahl inzwischen groß.

Dass es nicht genügend Frauen gäbe, die komponieren, hört man offensichtlich nur von männlichen Kuratoren.

Margareta Ferek-Petrić: Mir geht es auf die Nerven, dass man heutzutage überhaupt noch darüber nachdenken muss. In meinem Werdegang war das Thema nicht präsent. Erst als ich selber programmieren musste, habe ich begonnen, darüber nachzudenken. Ich habe bewusst entschieden, Verantwortung zu übernehmen und auf dieses Ungleichgewicht zu reagieren: Beispielsweise habe ich zwei Dirigentinnen Aufträge gegeben. Schließlich ist die Situation beim Dirigieren noch unausgeglichener als beim Komponieren. Wir werden außerdem Events haben, bei denen verschiedene Kunstrichtungen verbunden werden. Auch Online Projekte gewinnen eindeutig an Wichtigkeit durch die Konsequenzen von Pandemie, in Zagreb eben auch durch das schwere Erdbeben im März.

Wie lässt sich die Situation eines Komponierenden in Kroatien mit der hier in Österreich vergleichen?

Margareta Ferek-Petrić: In Österreich funktioniert das meiste viel besser als in Kroatien, ich verdanke einige Kompositionen und Aufführungen den Förderungsgebern hierzulande – dem BKA, der Stadt Wien, dem SKE, aber auch mutigen Festivals wie zum Beispiel dem Carinthischen Sommer und unterstützenden Organisationen wie der ÖGZM.  Das Möglichkeitenspektrum ist einfach breiter als in Kroatien. Der Komponistenbund in Kroatien ist sehr zentralisiert, hat in Zeiten vor Corona und dem Erdbeben über ein gutes Budget verfügt. Die Anzahl an zeitgenössischen Komponistinnen und Komponisten ist überschaubar, alles ist geringer, der Anzahl an Kolleginnen und Kollegen, somit aber auch die Chancen am Markt. Vor allem ist man nicht mit so viel Internationalität konfrontiert. Leider ist die Politik der Stadt Zagreb aktuell skandalös ignorant gegenüber den Bedürfnissen der Kultur. Trotzdem: Die Biennale hat einen Krieg überlebt, also wird sie auch das Erdbeben und die Corona-Pandemie überdauern.

„DAS LIVE-HÖREN VON STÜCKEN IST ANDERS, MEINE AUFMERSKAMKEITSSPANNE IST ONLINE WIE DIE EINES KINDES.”

Umwelteinflüsse sind auch ein prägendes Element in einer deiner Arbeiten. Eine Komposition aus dem Jahr 2018 heißt „Climate Burn – Out (Stress Triology: Part II)“. Was kannst du konkret in deinem Tätigkeitsbereich für den Klimaschutz tun?

Margareta Ferek-Petrić: Mein Leben als Komponistin und Intendantin ist ohne Internationalität und Fliegen schwer denkbar. Diese Offenheit, andere Länder zu besuchen, ist wichtig. Das Leben einer Komponistin kann nicht online passieren, es entspricht ohnehin einer Dauer-Quarantäne –, vor allem, wenn man viele Schreibaufträge mit Deadlines hat. Im Jänner war ich auf dem Ultraschall-Festival in Berlin, und es war super, sich dort mit ein paar Leute face-to-face zu unterhalten. Das Live-Hören von Stücken ist anders, meine Aufmerksamkeits-Spanne ist online wie die eines Kindes.

Der Bezug zum Ort und zum Erlebnis hat ein anderes Sich-Einlassen zur Folge. Es geht um ein gemeinsames Zelebrieren.

Margareta Ferek-Petrić: Wir sind soziale Wesen. Wenn du ein Konzert oder ein Festival besuchst, nimmst du gleichzeitig die Momente vor oder nach einem Konzert wahr. Es entstehen neue Bekanntschaften. Online, ohne körperliche Präsenz, kommt man nicht auf dieselbe Ebene. Auch der nonverbale Austausch ist live intensiver.

Was steht bei dir heuer noch auf dem Programm?

Margareta Ferek-Petrić: Ich habe ein Staatsstipendium und freue mich, die Stücke zu schreiben, die ich schon längst für gewisse Leute schreiben wollte. Ein Stück für Geige und Klavier, eigentlich eine super klassische Besetzung, aber es wurde schon öfter bei mir angefragt [gewidmet einer kroatischen Geigerin, Andrea Nikolić, die in Wien lebt; Anm.], ein Trio für Flöte, Marimba und Vibraphon, das durch die Progressive Rock-Band King Crimson inspiriert sein sollte [dem Flötisten Matei Ioachimescu gewidmet; Anm.], sowie ein Wiener-Kontrabass Solo für Benedikt Ziervogel. Besonders erfreulich ist es, Teil des Projektes „Escalier du Chant“ von Olaf Nicolai zu sein. Neue Vocalsolisten Stuttgart werden ein Vokalstück bei seiner Finissage in Darmstadt vortragen. Diese gehört leider zu den Veranstaltungen, die Opfer der Pandemie geworden sind. Vor kurzem habe ich auch ein Stück für Kinder geschrieben [für das Expan-Festival in Kärnten; Anm.], das ich „Herumblödeln” genannt habe. Das passt finde ich – gerade nach dem Eingesperrtsein während der Coronazeit.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Michael Franz Woels, Christoph Benkeser

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Divertimenti
12.07.2020, 11 Uhr
Helmut List Halle, Graz

Wolfgang Amadeus Mozart: Divertimenti für Bassetthorntrio
George Gershwin: Rhapsody in Blue, Summertime u. a.
Uraufführungen neuer Werke von Margareta Ferek-Petric („Amadeus after quarantine“) und von Helmut Hödl („Vier Geschenke der Nacht“)
Kompositionsaufträge der styriarte 2020

Vienna Clarinet Connection
Margareta Ferek-Petric, Komponistin
Helmut Hödl, Komponist
Moderation: Mathis Huber

Links: https://styriarte.com/events/divertimenti/?realm=styriarte&sti=67162

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Links:
Margareta Ferek-Petrić
Margareta Ferek-Petrić (Soundcloud)
Musikbiennale Zagreb
Neue Vocalsolisten Stuttgart
IGNM Kärnten