Rhythm and Blues hat es in diesen Breitengraden nicht leicht. Letztens gab es ein Flackern, SOLANGE, SZA, FRANK OCEAN, JANELLE MONAE, JAZMINE SULLIVAN, JHENÉ AIKO waren cool, während BEYONCÉ, THE WEEKND und DRAKE den Mainstream neu definierten. Aber in Österreich, das sonst nicht schüchtern internationale Trends adaptiert, blieben die Gefühle stumm. Bis LOU ASRIL im März „Divine Goldmine“ (Ink Music) veröffentlichte. LOU ASRIL, 19 Jahre alt, hat bisher wenig über sich oder “Divine Goldmine” geredet. Es ist sein erstes Interview. Stefan Niederwieser sprach mit dem Musiker.
Was oder wo ist Seidasten?
Lou Asril: Seidaschteen, das ist Seitenstetten, Bezirk Amstetten.
Was kann man in Waidhofen an der Ybbs machen?
Lou Asril: Keine Ahnung, ich wurde dort nur geboren, aufgewachsen bin ich in St. Peter an der Au, dann in Seitenstetten.
Was kann man in Seitenstetten machen?
Lou Asril: Nicht viel. Ich habe vor allem geschrieben, allein am Klavier. Ich hatte acht Jahre Unterricht in Klassik und sieben Jahre in Jazz. Am Computer habe ich nur manchmal probiert zu schreiben.
Warst du „Jesus Christus Superstar“?
Lou Asril: Vor drei Jahren habe ich in dem Musical den Judas gespielt, in der Rolle habe ich mich wohler gefühlt, stimmlich, melodisch, charakterlich. Ich habe davor nie Musical gesungen, mein Klavierlehrer hat mich angesprochen.
Wie viele Gleichaltrige kennst du, die Bands gründen?
Lou Asril: Sehr viele, am musischen BORG gibt es in jeder Klasse mindestens zwei Bands.
Wenn alte Leute über junge Leute reden, tun sie oft so, als würden sie nur noch Influencer und YouTuber werden wollen.
Lou Asril: Es gibt beides, das geht beides. Influencer reizt mich nicht so, für mich steht die Musik im Vordergrund, ich möchte eine Message rüberbringen.
Gehörst du zu den Millennials oder zur Gen Z?
Lou Asril: Millennials. Die gehen doch bis 2000. Da wurde ich geboren.
Die Generation Z gilt doch als aufrichtig. Wie deine Songs. Oder sind das Fakes?
Lou Asril: Nein, die sollten schon echt sein.
Wie viele Instrumente spielst du?
Lou Asril: Nur Klavier.
Wie gut beherrschst du deine Stimme? Wie möchtest du sie weiterentwickeln?
Lou Asril: Mir passieren Fehler, aber ich treffe schon die Töne, das geht sich aus. Ich singe den ganzen Tag, meine Sachen, neue Sachen, ich habe stimmlich immer das gemacht, was ich machen wollte. Ich habe auf meine Technik aufgepasst, aber mich nie an die Lehrerinnen und Lehrer angepasst, fast keine Übungen gemacht. Vor Auftritten singe ich mich aber gut ein.
Was übst du dann?
Lou Asril: Ich singe zu den letzten zwanzig Jahren R ’n’ B. Beyoncé ist ziemlich fett, Destinys Child, Fantasia, Daniel Cesar, H.E.R., Sabrina Claudio. Aber es gibt noch viele mehr.
Wie sieht es mit Metal, Volksmusik, Jazz, Alternative R ’n’ B aus?
Lou Asril: Jazz und Gospel höre ich ein bisschen. Klassischen Soul früher viel, phasenweise Daft Punk. Ich würde meine Musik als „Alternative R ’n’ B“ bezeichnen.
„Druck spüre ich nicht.“
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„Divine Goldmine“ war in nur einem Monat auf YouTube und Spotify ziemlich erfolgreich. Wie geht es dir damit?
Lou Asril: Das ist cool. Es motiviert mich, dass der nächste Track noch fetter wird. Druck spüre ich nicht. Aber es ist recht stressig. Ich arbeite 40 Stunden beim Zivildienst, nach Wien zu fahren kostet viel Zeit.
Wie geht es dir, wenn jemand dein Video zu “Divine Goldmine” mit „Du bist so geil“ kommentiert?
Lou Asril: Das finde ich lustig, das wollte ich löschen, hab’s nicht gemacht, mir ist das egal.
Wer ist Lou Asril, eine Person, eine Band?
Lou Asril: Das bin ich. Ich möchte darauf hinarbeiten, dass zuerst der Name Lou Asril bekannt ist. Später kann ein Bandname hinzukommen. Ich werde aber nicht nur mit Band auftreten. Die Backing Vocals sollten aber jedenfalls immer live sein.
Schreibst du deine Songs allein?
Lou Asril: Melodie und Texte kommen von mir. Manchmal bekomme ich einen Beat, zum Beispiel von Robert Wallner, Felipe Kremer und Thomas Bernhard. Da schreibe ich dazu.
Von Thomas Bernhard? Cool.
Lou Asril [lacht]: Manche sind meine Freunde, andere haben mich einfach angeschrieben. Robert Wallner hat „Divine Goldmine“ aufgepeppt, manche Spuren hat er übernommen. Klavier und Bass sind eingespielt. Die Vocals wurden noch mal in einem Studio aufgenommen. Die sind jetzt intensiver, weil ich in dem Jahr viel dazugelernt habe.
Der Sound ist minimalistisch, von Melodie und Harmonie gesteuert. Vielleicht weil du selbst am Klavier schreibst. Bist du dabei, wenn produziert wird?
Lou Asril: Manchmal. Ich kann mir aus verschiedenen Versionen etwas aussuchen und sage, was mir taugt.
Wie kommt man auf die Idee, R ’n’ B zu machen? Das ist nicht die typische Musik, wenn man am Land aufwächst.
Lou Asril [lacht]: Ich bin nicht auf die Idee gekommen, ich habe einfach Musik gemacht.
Es gibt im deutschen Sprachraum wenig Vorbilder für R ’n’ B.
Lou Asril: Nein. Ich höre deutschsprachigen R ’n’ B nicht wirklich, eher amerikanische Sachen.
Irgendeinen Auslöser muss es gegeben haben.
Lou Asril: Stimmt.
Was war dann der Auslöser?
Lou Asril [lacht]: Das kann ich nicht sagen. Ich habe einfach viel R ’n’ B und Black Music gehört. Weil ich mich darin gefunden habe, ich habe das für mich entdeckt, vielleicht auf YouTube, und weiterhin gehört. Ich schätze, mich hat das Gefühl fasziniert: Das ist real, ich kann mich fallen lassen. Meine ersten Songs waren noch gar nicht von R ’n’ B beeinflusst, sondern vom Pop, die würde ich heute nicht mehr performen. Daheim sind Volksmusik und klassische Musik gelaufen.
Kennst du viele Leute in deinem Alter, die R ’n’ B hören?
Lou Asril: Viele meiner Freundinnen und Freunde an der Schule hören das.
Das ist keine klassische coole Musik, es geht oft darum, verletzlich zu sein.
Lou Asril: Das stimmt.
Das wäre ziemlich Generation Z.
Lou Asril: Stimmt [lacht].
Im R ’n’ B hat die Stimme oft viel Melisma, eine große Reichweite, ist manchmal fast akrobatisch.
Lou Asril: Es gibt Künstlerinnen und Künstler, die das weniger machen, ich habe das früher mehr gemacht, es muss passen. Das ist das Geilste, wenn das jemand kann. Aber es gibt Leute, die das viel besser als ich beherrschen.
Du verwendest auf einem Demo-Song Worte wie heaven, devil, soul, ziemlich christliche Konzepte. Woher kommt das?
Lou Asril: Ich bin nicht sehr religiös, das kommt aus dem R ’n’ B, das sind schöne Bilder, man kann sich etwas vorstellen.
„[I]ch habe früh nur englischsprachige Musik gehört.“
Ist es für dich vorstellbar, auf Deutsch zu singen?
Lou Asril: Ja, aber jetzt nicht. Dialekt kann ich mir gar nicht vorstellen. Ich habe von Anfang an auf Englisch geschrieben, bereits mit elf Jahren. Und ich habe damals nur englischsprachige Musik gehört.
Könntest du einen politischen Song schreiben?
Lou Asril: Will ich nicht, kann ich nicht. Direkt auf Politik bezogen. Im Sinn davon, was gut und schlecht ist, schon.
Was brauchen die Demos noch?
Lou Asril: Die müssen aufgepeppt werden und brauchen neue Vocals. Als nächste Single kann ich mir aber keinen der Songs vorstellen. Da sind schon andere Sachen entstanden, die ich ziemlich geil finde.
Du hast mit 17 den Joe Zawinul Award gewonnen und durftest nach Los Angeles. Wie war es dort?
Lou Asril: Cool. Ich habe am Musicians Institute Unterricht gehabt, verschiedene Workshops, Gesangsstunden, mit den drei Stunden, die ich dort aufgenommen habe, übe ich bis heute.
„[I]ch will definitiv mal länger nach Amerika.“
Dann lernt man in Los Angeles mehr als in Österreich?
Lou Asril: Kann schon sein [lacht]. Ich habe mit den Musikern von Scott Bradlee‘s Postmodern Jukebox musiziert. Ich war zwei Wochen dort, wir haben viel gegessen, sind rumgereist. Es kann mir vorstellen, dort hinzuziehen, ich will definitiv mal länger nach Amerika.
Warum hast du dich für das Label „Ink Music“ entschieden?
Lou Asril: Es sind nette Leute, es hat sich ergeben. Mich hat jemand von „Ink Music“ bei einem Konzert gehört, wir haben uns getroffen, haben einander geschrieben, ich habe Demos geschickt. Mein Booking ist auch dort. Über Verträge rede ich aber nicht so gerne.
Sind Showcase-Festivals auf deinem Radar?
Lou Asril: Ja, ich fühle mich bereit, es ist aber noch nichts fixiert, vielleicht im Herbst.
Du likest Schmieds Puls, Yasmo und das Popfest. Das ist ein bisschen auffällig.
Lou Asril: Ja [lacht]. Darüber kann ich nicht reden. [Mittlerweile ist sein Auftritt beim Popfest offiziell.]
Du hast schon live Trompete, Posaune und Saxofon gespielt. Warum heute nicht mehr?
Lou Asril: Weil es für meinen Sound nicht mehr passt. Es ist zu groß für den Anfang. Früher haben wir die Songs extra arrangiert.
Kommt dein Album eher nächstes oder übernächstes Jahr?
Lou Asril: Keine Ahnung, das ergibt sich, ich denke nicht zu viel drüber nach. Ich bin kein Fan einer EP, mehr weiß ich noch nicht.
Wer sind deine Helden?
Lou Asril: Beyoncé, was die Musik betrifft. Meine Mum. Sie ist sehr tough. Meine engere Familie und meine Freundinnen und Freunde.
Herzlichen Dank für das Gespräch!
Stefan Niederwieser
Termine:
13. Juli 2019 – Ahoi! Pop Sommer 2019, Donaulände, Wien
26. Juli 2019 – Popfest Vienna, Wien
Links:
Lou Asril (Website)
Lou Asril (Facebook)
Divine Goldmine (YouTube)