Die Salzburger STEAMING SATELLITES gehören zu den langlebigsten und erfolgreichsten Bands der österreichischen Rock- und Popszene. Zahlreiche hochgelobte Veröffentlichungen seit 2006, mehrere Charteinstiege und unzählige Konzertreisen haben die Truppe rund um den Singer/Songwriter MAX BORCHARDT auch außerhalb Österreichs zu einer angesagten Nummer werden lassen. Vor allem live weiß die Band zu überzeugen. Mit „Andromeda“ (The Instrument Village; VÖ: 15.9.) veröffentlichen die STEAMING SATELLITES nun ihr neues, bislang wohl tiefgründigstes, emotionalstes und musikalisch vielschichtigstes Album seit Langem. Im Interview mit Michael Ternai spricht MAX BORCHARDT über die große Herausforderung, die die Fertigstellung des Albums für ihn bedeutete, das Wiederfinden der Lust am Musikmachen an sich und die Überwindung alter Strukturen.
Eure letzten Alben waren eigentlich sehr verschieden. Euer Markenzeichen ist irgendwie auch eure Unvorhersehbarkeit geworden. Man weiß nie wirklich, was man geboten bekommt. Was war die Zielsetzung von „Andromeda“?
Max Borchardt: Der Entstehungsprozess des Albums ist auf jeden Fall anders verlaufen als geplant. Ursprünglich sollte das Album ja “Zero Gravity” heißen, aber leider ist nicht alles so verlaufen, wie dieser Titel vermuten lassen würde. Die Zielsetzung des Albums war, einfach wieder die Freude am Musikmachen zu finden, diese Ungezwungenheit wiederzuentdecken und das Genreübergreifende, das uns so viel Freude bereitet, wieder auf Platte zu bringen. Das Album ist sehr emotional und persönlich. Der Titel „Andromeda“ soll die Suche nach dem Licht aus der Dunkelheit beschreiben und ist angelehnt an die Bedeutung des Sternbildes als Navigationspunkt für Seefahrer.
„Ich hatte das Gefühl, dass sie mich zurück in diese schwierige Zeit versetzen würden.“
Was waren die Schwierigkeiten? Warum ging die Freude am Musikmachen verloren?
Max Borchardt: Zum einen ist im Laufe der Zeit sehr, sehr viel Material entstanden. Wir hatten ungefähr 30, 40 Songs zur Auswahl. Viele davon lagen jedoch eine lange Zeit in der Schublade. Wir mussten die Songs also erst wieder hervorholen und entscheiden, welche wir fertigstellen sollten. Das war schon eine ziemliche Herausforderung. Hinzu kam dann auch noch diese emotionale Komponente, das Post-Burn-Out-Syndrom. Ich hatte damals gerade eine schwere Beziehungskrise hinter mir und musste erst die Kraft finden, das Album fertigzustellen. Es war schwer für mich, mich wieder mit den Songs auseinanderzusetzen, weil sie mich aufwühlten. Ich hatte das Gefühl, dass sie mich zurück in diese schwierige Zeit versetzen würden. Obwohl das Musikmachen ursprünglich dazu diente, diese Erlebnisse zu verarbeiten, kamen beim Bearbeiten immer auch die negativen Gefühle hoch.
Wie trifft man unter solchen emotionalen Umständen und Gefühlen überhaupt eine Auswahl aus 40 Songs?
Max Borchardt: Im Grunde war es logisch, die Songs auszuwählen, die sich jetzt auf dem Album befinden. Mario Fartacek, der das Album mitproduziert hat, hat mir dabei sehr geholfen. Er brachte einen objektiven Blick von außen ein, der notwendig war. Ich hatte damals sehr viel alleine gemacht und den Überblick verloren. Er hat mir diesen Überblick verschafft, wofür ich ihm sehr dankbar bin, denn dadurch konnte ich das ganze Projekt wirklich abschließen.
Sind dieser Wille und der neuerliche Mut zur musikalischen Vielfalt auch in dieser Entstehungsphase wieder aufgetaucht?
Max Borchardt: Das war auf jeden Fall eine Zielsetzung. Wir wollten völlig befreit an das Musikmachen herangehen und das, was wir musikalisch zuvor gemacht hatten, vorerst hinter uns lassen. Wir versuchten, den Erwartungen einmal nicht gerecht zu werden und ausschließlich das zu tun, worauf wir Lust hatten.
Hast du das Gefühl, dass ihr euch in der Vergangenheit zu sehr den Erwartungen anderer gebeugt habt?
Max Borchardt: Ich glaube, man interpretiert solche Erwartungen oft selbst. Uns war wichtig, uns von solchen Gedanken zu befreien und uns nicht immer die Frage zu stellen, ob wir etwas dürfen oder nicht. Das blockiert einen nur. Nach über fünfzehn Jahren Bandgeschichte kann man schon in festen Strukturen stecken. Diese aufzubrechen und den Dingen einfach ihren Lauf zu lassen, war sehr befreiend.
Inwiefern siehst du das Album als eine Art Befreiung?
Max Borchardt: Es ist irgendwie seltsam; ich konnte mir das Album vier bis fünf Monate lang nicht anhören. Jetzt bin ich sehr froh darüber, dass ich es gemacht habe, denn ich glaube – auch wenn es sich jetzt ein bisschen seltsam anhört -, dass es Menschen helfen kann, denen es ähnlich ergangen ist wie mir. Wenn ich ehrlich bin, hatte ich auch Hemmungen, es zu veröffentlichen, eben weil es so persönlich und emotional ist. Ich hatte das Gefühl, dass ich mich dadurch besonders verletzlich mache. Andererseits ist es so, wenn man Dinge offen anspricht, kann man sie auch direkt verarbeiten. Am Ende muss man dazu stehen, man muss diese Hürde überwinden. Es geht auch darum, zu lernen, sich selbst nicht immer so ernst zu nehmen.
„Ich sah den Wald vor lauter Bäumen nicht, weil ich emotional zu tief drinsteckte.“
Auch wenn das Album schwere Themen behandelt, klingt es dennoch nicht düster und tieftraurig. Der Sound macht Mut.
Max Borchardt: Das habe ich selbst nicht so gesehen. Ich sah den Wald vor lauter Bäumen nicht, weil ich emotional zu tief drinsteckte. Aber der Grundgedanke war, die Wertschätzung anderen und sich selbst gegenüber anzusprechen. Die Songs sollen vermitteln, dass man sich nicht für das schämen muss, was man ist.
Wenn man dir so zuhört, kann man “Andromeda” auch als kompletten Bruch mit der Routine interpretieren.
Max Borchardt: Das kann man auf jeden Fall. Mir kommt es vor, als ob sich jetzt alles etwas relativiert hat. Wir waren so lange in diesem Zirkus drin, dass wir, als die Pandemie ausbrach, eigentlich erst einmal erleichtert waren. Wir hatten die Möglichkeit, einmal wirklich durchzuatmen. Natürlich hat es uns dann irgendwann auch durchgerüttelt, und wir mussten neu Fuß fassen. Aber was das Musikalische betrifft, war diese Zeit schon befreiend. Wobei ich mich jetzt schon auf das nächste Album freue. Wir können jetzt wirklich einen Neuanfang machen und ein neues Kapitel aufschlagen.
Wie verhält es sich live? Ihr habt die neuen Songs sicherlich auch schon live gespielt.
Max Borchardt: Es ist sehr befreiend, diese Songs live zu spielen. Wie ich schon erwähnt habe, war das Schreiben dieser Songs ein wichtiges Ventil für mich. Das Problem war das lange Bearbeiten. Das war zermürbend. Live ist das anders. Auf der Bühne kann man die Gefühle rauslassen. Live zu spielen, ist irgendwie auch eine Therapie.
Du hast vorhergesagt, dass du dich auf das nächste Album freust. Hast du schon eine Idee, wohin es gehen soll?
Max Borchardt: Auf jeden Fall möchte ich, dass es leichter wird. Ich höre im Moment eigentlich nur noch Gute-Laune-Musik. Keine banale, sondern welche mit Tiefgang. Aber Musik, die vermittelt, dass man alles ein bisschen leichter nehmen sollte. Das ist so meine Grundidee für das kommende Album. Nachdem ich jetzt mit “Andromeda” diese Hürde geschafft habe, fühlt sich alles etwas entspannter an. Und dieses Gefühl soll sich im Album widerspiegeln. Ich glaube, das wird uns allen guttun.
Herzlichen Dank für das Interview!
Michael Ternai
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Steaming Satellites live
06.10. Gare de Lion, Wil, Schweiz
07.10. Spielboden, Dornbirn, Österreich
12.12. Flex, Wien, Österreich
13.10. Posthof, Linz, Österreich
14.10. PPC, Graz, Österreich
19.10. Nachtspeicher, Hamburg, Deutschland
19.10. Privatclub, Berlin, Deutschland
20.10. Beatpol, Dresden, Deutschland
21.10. STROM, München, Deutschland
25.10. Rockhouse, Salzburg, Österreich
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