Die Klassische Musik von heute und morgen klingt anders und verändert sich in der Art ihrer Präsentation radikal: experimentell und immer öfter abseits hochkultureller Weihestätten spielen Musikerinnen und Musiker der neuen Generation vor allem für jüngere Publikumsschichten und begeistern mit unorthodoxen Konzertformaten, lebendigen KomponistInnen – und auch mal mit Monteverdi oder Mozart.
Gleichzeitig jedoch scheint der mit dem Genuss klassischer Musik assoziierte Habitus immer noch viele Menschen davon abzuhalten, sich der Faszination dieser Musik auszusetzen – ein international beobachtbares Phänomen, gegen das Musikveranstalter, Plattenfirmen und Bildungseinrichtungen ankämpfen.
Das seit 2012 in München gestartete und seit 2013 in der Klassikhauptstadt Wien beheimatete, weltweite Branchenforum „Classical:NEXT“ sondiert mit TeilnehmerInnen aus über 40 Nationen die unterschiedlichen Zukunftsstrategien – in Konferenzen, Vorträgen und Workshops. Sein gleichnamiges Publikumsfestival demonstriert parallel dazu die Vielfalt und Innovationsfreude des Genres in ungewöhnlichen Konzertformaten und lädt dazu ein, sich von der Lebendigkeit klassischer Musik zu überzeugen: Flashmobs, Klassik-Clubs, Showcase-Reihen und Film-Screenings entstauben das Image der Klassik und führen sie in eine neue Dimension. Von 12. bis 18. Mai 2014 steht ganz Wien im Zeichen von „Next:Artists, Next:Music, Next:Audience“.
Im Programm des Classical:NEXT Festivals wagen sich heimische und internationale Ensembles und SolistInnen vor allem an Orte, denen kein „klassischer“ Stallgeruch anhaftet: die Clubs „Elektro Gönner“ und „Badeschiff“, das „Porgy&Bess“, die Shopping-Mall Wien Mitte, der Prater, aber auch das Konzerthaus und das Mozarthaus.
Frank Stahmer vom lokalen Veranstalter ClassicalPartnersVienna und Leiter des Classical:NEXT Festivals: „Wir möchten die Arbeit viel versprechender junger Künstlerinnen und Künstler zeigen, deren Interpretation klassischer und zeitgenössischer Musik aus dem herkömmlichen Rahmen fällt und neue Richtungen in Sachen Aufführungskultur und Publikumsansprache hör- und sichtbar macht.“
Auftakt mit Flashmob im EKZ
Diesen Anspruch erfüllt auch gleich die spektakuläre Eröffnung des Festivals, am Montag, 12. Mai 2014, um 18:00 Uhr. Dann überrascht der preisgekrönte „Chorus Sine Nomine“ KonsumentInnen im neuen Einkaufstempel „Wien Mitte – The Mall“ mit einem singenden Flashmob – natürlich a-cappella – und mit zeitgenössischen Chorwerken, die auf den Fahrtreppen, den Galerien und im Foyer des EKZ erklingen werden.
Classical:NEXT – Showcases im Porgy & Bess
Im Porgy & Bess, Wiens führendem Club für Jazz und genreübergreifener Musik, demonstriert das Classical:NEXT Festival an drei Abenden die Wandlungsfähigkeit klassischer Musik – mit nationalen und internationalen ProtagonistInnen der Extraklasse:
Donnerstag, 15. Mai 2014, ab 20:30 Uhr
Ein Grenzen überschreitendes Get-Together: Der japanische Pianist Hiroaki Takenouchi, der katalanische Baritonsaxophon-Spieler Joan Martí Frasquier sowie die lappländischen Streicher von Kristallkvartetten treffen auf den österreichische E-Geiger JIG alias Matthias Jakisic. Nach Tourneen durch alle Kontinente und Zusammenarbeiten mit Nigel Kennedy oder Depeche Mode ist der St. Pöltener derzeit composer-in-residence am Wiener Burgtheater. Auf seinem Programm stehen eigene Nummern für E-Geige und Electronics, die zwischen Klassischem, Jazz, Samba und Rock schwingen.
Freitag, 16. Mai 2014, ab 20:30 Uhr
Der vielfach preisgekrönte brasilianische Gitarrenvirtuose und Komponist Daniel Murray gibt im Porgy & Bess sein Österreich-Debüt. Das britische Multimedia-Kollektiv Powerplant rund um den Perkussionisten Joby Burgess und den Sound-Designer Matthew Fairclough kontrapunktiert das handverlesene Straßburger Vokalensemble Voix de Stras’, Spezialistinnen für die Musik des 20. & 21. Jahrhunderts. Das österreichische Paetzold-Blockflöten-Ensemble Plenum mit Katharina Ernst bläst sich auf orgelähnlichen Pfeifen durch Geschichte und Gegenwart.
Londoner Klassik-Club „nonclassical“ mit Gabriel Prokofiev erstmals in Wien
Samstag, 17. Mai 2014, ab 20:30 Uhr
Absolutes Highlight der dreitägigen Konzertreihe des Classical:NEXT Festivals im Porgy & Bess ist die Wien-Premiere der Londoner „nonclassical club night“. An diesem Abend präsentiert der Londoner Komponist und DJ Gabriel Prokofiev (Enkel von Sergei Prokofiev – „Peter und der Wolf“) seine „Cello Multitracks“, eine spektakuläre Live-Elektronik-Performance für ein Solo-Cello und acht synthetisierte Mitspieler in Form gewöhnlicher Lautsprecher. Am Cello: der an der Wiener MDW studierende Litauer Gleb Pyšniak. Aufgrund seiner faszinierenden spielerischen Präsenz gilt er bereits jetzt als internationaler Geheimtipp.
Weitere Programmpunkte der „nonclassical club night“: Spätestens seit 2008 sollte der bekannte deutsche Komponist Moritz Eggert jedem Wiener ein Begriff sein. Sein Fußballett für den Wiener Opernball (anlässlich der Fußball-EM 2008) sorgte für großes internationales Aufsehen. In seinen Klavierstücken paaren sich Exzentrik mit Gemütlichkeit und Ironie mit Ernsthaftigkeit. Studierende der MDW Musikuniversität Wien präsentieren ihre Klangideen der nächsten Generation. Auf die zuvor gespielten Kompositionen reagiert „nonclassical“ resident DJ Nwando Ebizie mit überraschenden Remixes.
Koreanisches im Wiener Konzerthaus
Freitag, 16. Mai 2014, 18.00 Uhr
„Gayageu“, „Saenghwang“, „Janggo“ oder „Piri“ … das sind keine asiatischen Gerichte, sondern traditionelle koreanische Instrumente. Dementsprechend exotisch wird es beim „off:CN-Showcase“ im Beriosaal des Wiener Konzerthauses, der vom Classical:NEXT Fokus-Land Korea präsentiert wird. Unter dem Motto „The Seeds of Old Future“ erklingen in diesem außergewöhnlichen Konzert ab 18 Uhr neue südkoreanische Werke für o.g. Instrumente und Ensemble-Begleitung, komponiert u.a. von der June-Hee Lim und ihrem Landsmann Won Il.
Luftig und (hoffentlich sonnig) im Prater
Samstag, 17. Mai 2014, ab 11.00 Uhr
Der Riesenradplatz im Prater ist Schauplatz des zweiten Flashmobs des Classical:NEXT Festivals: hier spielt das Sinfonische Jugendblasorchester Wien, Wiener Auswahlorchester des Nachwuchses im Blasmusikbereich, mit sattem sinfonischen Bläser-Sound, atemberaubenden Musiker-Talenten unter ihrem erst 24-jährigen Dirigenten Daniel Muck – der vor kurzem seine erste Sinfonie vollendet hat – am Prater Riesenrad-Platz auf. Sinfonische Orchester-Werke der jüngeren österreichischen Literatur für Blasorchester (u.a. von Otto M. Schwarz und Muck selbst) sowie Arrangements für sinfonische Blasmusik stehen auf dem Programm.
Klassik mit Tiefgang – die mdw geht Baden
Am Samstag 17. Mai 2014 geht die mdw – Universität für Musik & Darstellende Kunst Wien am helllichten Tage „sprichwörtlich“ baden: Denn hier begehen ihre Musikstudenten am Wiener Badeschiff am Donaukanal zur Überraschung der Sonnenanbeter und schwimmenden Gäste eine klassisch-zeitgenössische, musikalische Reise in verschiedenen Besetzungen sowohl im Beach-Club-Bereich, auf dem Sonnendeck und an der Bar. Die Performances verteilen sich über den ganzen Nachmittag.
IMZ Film-Screenings über Freddie Mercury und Valery Gergiev
Im Rahmen der Film-Abende am 15. und 16. Mai, jeweils ab 18:00 Uhr, zeigen die Veranstalter der Classical:NEXT im MAK Wien – Museum für Angewandte Kunst in Zusammenarbeit mit dem IMZ – Internationales Musik + Medienzentrum zwei spannende Musik-Dokumentarfilme. Einerseits über den legendären Queen-Frontman Freddie Mercury – der bekanntlich ein großer Verehrer der Oper war und selbst ein Stimmvolumen über 5 Oktaven beherrschte – sowie mit der Doku „Valery Gergiev – A Certain Madness“ ein ungewöhnliches Portrait zum streitbaren, russischen Star-Dirigenten. Beide Regisseure und Filmemacher werden jeweils vor Ort sein und im Anschluss über ihre Arbeit berichten.
Engelsharfen & Teufelsgeigen – der Sonntags-Klassik-Chill-Out
Sonntag, 18. Mai 2014, ab 20:30 Uhr
„Engelsharfen & Teufelsgeigen“ lautet das Motto im Elektro Gönner, wo viele alternative Klassik-Fans in Wien bereits ihren sonntäglichen Chill Out mit überraschenden Musik-Erlebnissen erlebt haben. Am 18. Mai präsentiert der Club rund um das Wiener Gorilla-DJ Kollektiv neue österreichische Musik und eine Uraufführung des Komponisten Bernhard Gander, gespielt vom „Trio Frühstück“. Die türkisch-österreichische Pianistin Seda Röder kommt zudem aus Salzburg angereist und präpariert den Flügel für „Black & White Statements“ und liefert einen Querschnitt durch die aktuelle Klaviermusik Österreichs.
Über Classical:NEXT
Classical:NEXT ist zu einem der weltweit wichtigsten Hot-Spots der klassischen Musikbranche avanciert und lockt von 14. bis 17. Mai 2014 bereits zum zweiten Mal in Wien über 1.000 internationale FachbesucherInnen aus über 40 Nationen – MusikerInnen, MusikverlegerInnen, Plattenfirmen, Medien, Vermittlungsinstitutionen, Kulturinstitutionen, Konzertveranstalter und viele mehr – zur Expo und Konferenz ins MAK Wien. Jennifer Dautermann, Direktorin der Classical:NEXT vom Produzenten piranha arts in Berlin: „Classical:NEXT ist nicht nur ein Event, nicht nur ein Treffpunkt – Classical:NEXT ist eine Bewegung!“
Classical:NEXT ist das internationale Fachforum für alle Sektoren der Klassik-Branche. Die Netzwerkveranstaltung umfasst eine Expo und eine Konferenz, des weiteren Showcase-Konzerte und Video Screenings. Das Classical:NEXT Festival ist die öffentliche Veranstaltungsreihe im Rahmen der Classical:NEXT. Initiator der Classical:NEXT ist CLASS – Association of Classical Independents in Germany e.V. (www.class-germany.de), Produzent der Messe ist piranha womex, welche seit 1994 jährlich die Musikmesse WOMEX – the world music expo – ausrichtet (www.womex.com). Nach zwei Ausgaben (2012 in München, 2013 erstmals in Wien) ist Classical:NEXT zum weltweit wichtigsten Branchen-Treff avanciert. Die lokale Organisation in Wien übernehmen ClassicalPartnersVienna (Heinrich Schläfer und Frank Stahmer).
Foto Matthias Jakisic: Martin Butala
Foto Moritz Eggert: Mara Eggert