Christina Zurbrügg – Doodle it! Yodels from Vienna

Ausgerechnet in Wien zu seinen schweizer Wurzeln zu finden, klingt wie ein Hollywoodmärchen aus Österreich: Christina Zurbrügg ist genau das passiert. Sich mit der neuen und alten Volksmusik hierzulande befassend, speziell mit dem Dudeln (Dokufilm:„Orvuse on oanwe – servus in wien” Die letzten Dudlerinnen Wiens; Regie) wurde offenbar in Ihr die Lust auf’s Experimentieren in diese Richtung geweckt, oder waren daran möglicherweise ihre Aufenthalte in Südamerika schuld, wo immer schon vermischt wurde, was da ist und was Spaß macht?

„Doodle it!“ heißt die neue CD. Es dürfte sich dabei um die in SMSmanie verkürzte Aufforderung folgenden Inhaltes handeln: „Tu es einfach! Schluss mit strengen musikalischen Abgrenzungen, denn Dudeln beschränkt sich nicht mehr örtlich auf Heurige, wo man mit dem wiener Alpinscat, so stellt man sich das vielleicht vor, dem „Wirtn“ die Bestellung übermittelte und Wiener- und Schrammelmusik damit einher ging, und das Jodeln ist nicht mehr wie früher Kommunikationsmittel von Berg zu Berg (a là „Sennerin-sucht-Mann“) und später der Volksmusik unscheidbar angeheiratet. „Es mischt si hoit olles, so oda so, bei uns in Österreich“ haben schon STS auf den Punkt gebracht, und genau dieses ist potenter Nährboden für populäre Weltmusik:

Hervorragende Arrangements, organische Instrumentierungen die sich in Electronics ergießen, als hätte es nie etwas anderes gegeben, zeichnen das Album aus. Zum Herzstück wird Zurbrüggs spezielle Stimme: nicht zu hoch obwohl sie problemlos eine schöne Range auskostet, nicht zu klar aber nicht rauh, sehr glaubwürdig und überzeugend, entspannt für den Zuhörer und eine Art unkünstliche Selbstverständlichkeit, wie es besonders „natürliche“ Stimmen klanglich zustande bringen.

Über das fette Soundbett legen sich ganz schön amüsante, weil direkte, volkstümliche Texte in Dialekt aber auch Englisch, es finden sich Rapgesang, Mehrstimmigkeit und Improvisationen auf dem Ton- und Kulturträger. Die Idee erinnert ein bisschen an die der Bethlehem Allstars, „halt nicht auf Weihnachten sondern auf Volksmusik“, genial also, ein bisschen an den „Goiserer“, aber elektronischer, ein bisschen an die Hardbradler, aber mehr Jodeln u.s.w.. Zudem gibt es eine Vielzahl namhafter Gastfeatures. Du- und Jodeln trifft Jazz – es ist Liebe auf den ersten Blick.

Die „Ethnopopperin“ und „Jodlerin des 21. Jahrhunderts“, wie sie sich auf ihrer Website nennt, und Band  (Michael Hudecek, Wolfgang Tockner, Harry Tanschek und Herfried Knapp) ist international in vieler Munde, nicht zuletzt  weil sie keine Scheu hat, Electronics (Looper, Laptop, …)  frisch von der Leber weg dort einzusetzen, wo „eigentlich“ nicht einmal Verstärker nötig sein müssen. Ihr gelingt, dass dies nicht „berechnend“ (auf den Markt) wirkt und auch nicht bemüht (sie beherrscht es). „Archaisch auf urban“,  wie es auf ihrer Website unersetzbar treffend formuliert ist.

Das neue Album ist nicht nur ansprechend durch seine sympathische Kombination aus  lässigen Volksliedtexten samt Jodudeln und sehr zeitgemäßer, musikalischer Umsetzung, sondern auch durch seinen vollen Sound und seine Verspieltheit. Zurbrügg ist wieder einmal  ein gutes Vorbild darin, wie man die „Fackel“ der Tradition am Brennen hält und durch Verschmelzung mit aktuellen Möglichkeiten weitergibt. Es wurde nichts ausgelassen, um den Zuhörer mitzureißen auf eine spannende Klangreise. (Alexandra Leitner)
Termine: Sa, 25. Jänner 2014, Theater Akzent
Christina Zurbrügg & Band
als Gäste Pina Kollars & 1. Wiener Jodelchor
Im Rahmen des Festivals in between

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Christina Zurbrügg