„Beim ersten Album waren wir jung und dumm, beim zweiten auch noch ein bissl und jetzt ist unser Stil so, wie wir sind“ – PLEASE MADAME im mica-Interview

PLEASE MADAME sind längst keine Unbekannten in der heimischen Indie-Rock-Szene mehr. Mit ihren Alben „Escape the Nest“ und „Young Understanding“ wirbelten sie nicht nur hierzulande viel Staub auf. Mit „Comfort“ (Kleio Records) erschien Anfang Oktober ihre neue Single. Ursprünglich war ein Album geplant. Warum das jetzt doch nicht erscheint und wie sie ihre musikalische Entwicklung sehen, erzählten DOMINIK WENDL (Gesang, Gitarre) und LAURENZ STRASSER (Gitarre) Michael Ternai im Interview.

Ihr habt Anfang Oktober mit „Comfort“ eure neue Single veröffentlicht. Es ist ein sehr feiner Song, der richtig catchy ist und aufgrund seiner fast schon fröhlichen Stimmung eigentlich überhaupt nicht in die jetzige Zeit passt. 

Dominik Wendl [lacht]: Ich glaube, man hört, dass das Lied nicht in den letzten zwei Monaten entstanden ist. Das Lied haben wir noch vor dieser ganzen Corona-Geschichte geschrieben. Und das noch dazu im letzten Sommer. Bei uns ist es meistens so, dass wir in den Sommermonaten relativ viel schreiben, weil wir dann alle in Salzburg sind. Und im Sommer entstehen nun mal solche Sachen. Aber ich glaube, dass der Song nichtsdestotrotz ganz gut in die Zeit passt, weil er doch auch einen Hoffnungsschimmer ausdrückt und die Message auch mit einem gewissen Augenzwinkern rüberkommt. Stell dir nur vor, es würden jetzt nur traurige Songs veröffentlicht, die alle down and sad machen. Auch wenn es für Kunstschaffende in der letzten Zeit schwer war, Musik zu schreiben, die happy ist, denke ich, dass unser Song da ganz gut passt.

Kann man den Song als eine Art Vorboten für ein Album verstehen?

Dominik Wendl: Eigentlich wären für jetzt im Oktober ein Album und eine dazugehörende Tour geplant gewesen. Aber nachdem im März immer klarer wurde, dass sich die Dinge immer schwerer planen lassen, haben wir uns dazu entschieden, den Release um ein Jahr zu verschieben.

Laurenz Strasser: Diese Entscheidung rührt auch daher, dass wir uns als Liveband sehen und ein Release für uns nur dann Sinn macht, wenn wir die neuen Songs auch live auf der Bühne präsentieren können. Daher zahlt es sich für uns nicht aus, ein Album zu veröffentlichen, wenn wir nicht auf der Bühne stehen und es nicht direkt dem Publikum vermitteln können.

Dominik Wendl: Wir sehen diese Verschiebung jetzt aber auch nicht so tragisch, denn normalerweise ist ein Release bei uns sehr oft auch damit verbunden, dass wir eigentlich alles – von der Produktion bis hin zur Promotion – immer auf den letzten Drücker fertigbekommen müssen. Das ist dieses Mal anders. Jetzt, denke ich, wird sich alles gut ausgehen.
Zudem sind wir auch eine Band, die gerne Alben schreibt, weil bei uns das Kennen- und Liebenlernen von Künstlerinnen und Künstlern immer über ein Album und nicht über Singles passiert ist. Alben sind ein Zeitdokument einer Künstlerin bzw. eines Künstlers. Daher schätzen wir ein Album auch so sehr.

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Weil ihr gerade Konzerte erwähnt habt. Wie sehr gehen die euch ab?

Laurenz Strasser: Extrem. Wobei wir im Sommer schon drei, vier Konzerte gespielt haben. Aber eher unter außerordentlichen Umständen. Wir haben unter anderem ein Autokino bespielt, was schon eine etwas andere Erfahrung war. Es gab keine Anlage. Die Leute haben das Konzert über ihre Autoradios mitverfolgt. Als Applaus gab es die Lichthupen. Ich denke, so was kann man einmal machen, aber mit einem normalen Konzert hat das wenig zu tun.
Dann haben wir im Rockhouse über einen Livestream ein Konzert gegeben. Das war sehr professionell gedreht und für die Umstände, dass es ein Stream war, dann dennoch sehr natürlich. Und dann waren es noch zwei Konzerte, die wir in Gastgärten vor begrenztem Publikum gespielt haben.
Man macht halt das Beste draus. Auf der Bühne zu stehen ist auf der Bühne zu stehen. Aber natürlich, wenn du vor mehr Leuten spielst und die Energie spürst, dann ist das schon ein ganz anderes Erlebnis.

„Wir haben damals wirklich keine Ahnung von nichts gehabt.“

Euch gibt es eigentlich schon relativ lange. Ihr habt bisher zwei Alben gemacht. Und hört man sich die Single im Vergleich zu eurem Debüt an, kann man durchaus sagen, dass ihr in eurer musikalischen Entwicklung riesige Schritte gemacht habt.  

Laurenz Strasser: Wir haben bei unserem Debüt noch keine Ahnung von irgendetwas gehabt. Damals waren wir noch irgendwie diese Schulband. Unserem Produzenten Harald Mörth ist es damals aber dennoch gelungen, uns auf eine höhere Stufe zu bringen und viel aus dem Potenzial herauszuholen. An sich war das Album ja gut für das, was wir waren. Heute aber merkt man, dass wir wirklich noch ganz am Anfang standen.

Dominik Wendl: Ich habe beim Schreiben des dritten Albums tatsächlich hin und wieder in unser Debüt reingehört. Und es ist in den fünf Jahren seit diesem viel passiert.
Wir haben uns in unserer Persönlichkeit weiterentwickelt, jeder von uns ist ein besserer Musiker und ein, so hoffe ich, gescheiterer und besserer Mensch geworden. Wir haben alle Beziehungen mit Freundinnen und Freunden gehabt, gearbeitet, studiert, sind von zu Hause weggezogen und so weiter.
Ich habe mir beim Anhören aber auch öfters gedacht: „Wow, für das, dass wir damals elf Jahre alt waren, war das echt ein Wahnsinn.“ Wir haben damals wirklich keine Ahnung von nichts gehabt. Wir haben einfach Songs geschrieben und sind zu unserem Produzenten gegangen, dem wir gesagt haben: „Das ist der Song, nimm ihn bitte auf.“ Und in der Zusammenarbeit war das ein Wahnsinn. Beim zweiten Album war das schon etwas anderes. Da haben wir schon gewusst, wie wir es angehen und was wir machen wollen. Dann ist noch unserer jetziger Schlagzeuger Niklas [Mayr; Anm.] zu uns gestoßen.
Wir haben uns halt immer weiterentwickelt. Die Leute, die unser neues Album jetzt schon gehört haben, meinen, dass das jetzt alles Sinn macht.
Beim ersten Album waren wir jung und dumm, beim zweiten noch ein bissl und jetzt ist unser Stil so, wie wir sind. Es ist jetzt nicht weniger rockig oder weniger fetzig, es ist einfach mehr Please Madame. Das ist jetzt zum ersten Mal geglückt.

Bild Please Madame
Please Madame (c) Anre Müseler

Ihr seid also erwachsener geworden.

Laurenz Strasser [lacht]: Erwachsener würde ich jetzt nicht sagen. Unser aktueller Produzent Mario Fartacek [Mynth, Good Wilson; Anm.] meint, dass man eigentlich megastolz sein sollte, wenn es als Band so weit bringt, dass man ein drittes Album aufnimmt. Das gelingt nicht jeder Band. Viele hören ja schon nach dem ersten Album auf. 

Dominik Wendl: Wir haben uns für das kommende Album auch mit einem Produzententeam zusammengetan. Viele Leute arbeiten ja ohne Produzenten. Das ist bei uns schwer vorstellbar. Wir sind vier Individuen mit eigenen Ideen, die in ihrer eigenen musikalischen Welt Songs schreiben. Und irgendwann wirst du da betriebsblind. Du könntest dann noch so lange an einem Song schreiben, er wird nur nicht besser. Da muss man das Ego beiseiteschieben und andere Leute, die dich weiterbringen können, hinzuholen.
Unter anderem arbeiten wir wieder mit Georg Gabler [u. a. Mondscheiner, Mother’s Cake; Anm.], der schon unser letztes Album gemacht hat, zusammen. Er macht die Pre-Production und wir haben die Songs bei ihm in der Gab Music Factory aufgenommen. Das wirklich Schöne an der Zusammenarbeit mit ihm ist, dass er nicht jemand ist, der sagt, dass das und das getan werden muss. Er erarbeitet und entwickelt die Songs gemeinsam mit der Band.
Dann sind wir zu Mario gegangen. Den kennen wir schon ewig und er ist der Richtige, wenn es darum geht, wie etwas klingen soll. Mit ihm haben wir alles neu aufgerollt und am Sounddesign gearbeitet.

„Die Frage ist immer, wie authentisch du das rüberbringst.“ 

Wenn ihr es jemanden beschreiben müsstet: Was macht Please Madame musikalisch aus?  

Laurenz Strasser: Wir sind vier Jungs, die mit ihren Instrumenten auf der Bühne stehen. Musikalisch, denke ich, stellen wir eine gewisse Leichtigkeit und Lässigkeit dar. 

Dominik Wendl: Ich glaube, musikalisch ist das immer ein bisschen schwierig, weil diese Genrezuteilungen schon längst überholt sind. Zumindest empfinden wir das so. Für manche sind wir eine Indie-Band, für andere Popkünstler. Uns ist es relativ egal, wie man uns betitelt. Wir spielen genauso mal eine Ballade wie dann auch mal einen Punk-Song. Die Frage ist immer, wie authentisch du das rüberbringst. Tust du das, können verschiedene Songs problemlos zusammen auf einem Album stehen. Ich glaube, das ist etwas, was wir gut können. Egal ob wir jetzt etwas Fetziges spielen oder eine Akustikballade, die Leute werden es uns glauben, weil es von uns ist. Wir legen sehr viel Wert auf Authentizität. Und ich finde, mit „Comfort“ ist uns das sehr gelungen. Ein Song zwischen Indie-Pop und Ballade, der ruhig, aber auch doch laut ist und irgendwie vor sich hin schwebt. Das sind wir.

Bild Please Madame
Please Madame (c) Arne Müseler

Ihr stammt aus Salzburg und die Hälfte der Band lebt nach wie vor dort. Könnt ihr mir erklären, warum gerade von dort so viele Bands kommen, die in den letzten Jahren viel Staub aufwirbeln konnten? Auch international. Man denke nur an Olympique, Steaming Satellites, Mynth oder The Makemakes.  

Laurenz Strasser: Ich denke, das ist zum großen Teil auch dem Rockhouse zu verdanken. Das Rockhouse ist einfach die Haupt-Venue für Bands wie uns und betreibt sehr viel Kulturarbeit. Richtig losgegangen ist es mit den Steaming Satellites, die sehr viele von uns inspiriert haben. Unser Schlagzeuger Niklas war schon mit 13 ein riesiger Fan der Band. Sie waren ein Vorbild für die Szene, zu denen man aufgeschaut hat und die dich dazu brachten, es selbst mit einer Band zu versuchen. Aber auch schon die Generation vor uns, wie etwa The Makemakes, Olympique oder Mynth, hat gezeigt, was möglich ist.

Dominik Wendl: Die Steaming Satellites, Olympique und auch The Makemakes haben allen anderen vorgemacht, dass man auch aus Salzburg heraus eine erfolgreiche Karriere starten kann. Man muss dafür nicht unbedingt nach Berlin, New York oder Wien. Wir haben gesehen, dass sie es aus eigener Kraft geschafft und in Deutschland und in der Schweiz ausverkaufte Konzerte haben. Das war für uns der Ansporn, es mit unserer Musik auch ernst zu nehmen.
Mittlerweile kennt man sich, ist miteinander befreundet und unterstützt sich gegenseitig. Das war vor fünf, sechs Jahren noch nicht so. Dass Mario Fartacek jetzt mit uns unser Album macht, kommt auch nicht von ungefähr. Es kommt von daher, dass man sich schätzt und kennt.

Laurenz Strasser: Mario kannte unser Projekt schon von sehr früh an. Er wusste, wo wir musikalisch waren und sind. Das gibt einfach viel Sicherheit.

Jetzt ist die Single draußen. Das Album kommt nächstes Jahr. Was steht bis dahin bei euch auf dem Plan? 

Dominik Wendl: Wir haben jetzt einmal vor, konstant die besten Songs des Albums als Singles rauszubringen. Wir müssen halt schauen, welche als solche gut verwertbar sind. Wir werden sicher auch ein paar Konzerte spielen, vor allem auch Livesessions, die wir in besonderen Locations stattfinden lassen und mitfilmen werden. Wir hoffen halt, dass wir bald wieder regulär Konzerte spielen können. Aber schauen wir mal.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Michael Ternai

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Please Madame live
06.11. WUK, Wien
17.11. Kulturladen, Konstanz (D)
19.12. Rockhouse, Salzburg

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