Aus feinster Seide – Porträt Bilderbuch

Die Bandgeschichte von Bilderbuch liest sich auf ersten Blick wie eine richtig klassisch-kitschige Erfolgsstory: Von der unterschätzten Schulband bis zur großen Selbstoptimierung 2013 ist alles dabei. Trotzdem ist Bilderbuch alles andere als eine klassische Rockband und dies ist dann auf zweiten Blick recht schnell klar.

2005 beschließen vier, nicht ganz schul-konforme Jungs aus Kremsmünster zusammen Musik zu machen. Zu jenem Zeitpunkt sind sie zwar erst zwischen 14 und 15 Jahre alt, haben aber Energie und jede Menge Ideen. Abseits der unzähligen Nu-Metal-Coverbands interessieren sich Maurice, Andreas, Peter und Klemens für deutschsprachige Musik. Gleichzeitig versuchen sie schon früh die Grenzen in Sachen Lyrics auszutesten. Ihre vertonten Märchen bringen ihnen außerhalb der Schule einige Auftritte. Schulintern werden sie jedoch weder gepusht, noch aufgefordert bei Veranstaltungen zu spielen. Mit einer Ausnahme, die Sänger Maurice in einem Interview als traumatisches Ereignis bezeichnet. Nach gewisser Zeit wird Bilderbuch aber klar, dass die Märchenvertonungen kein Stoff für immer sein können und sie schlagen andere Wege ein.

In jenem „Zustand“ wurden sie von den ehemaligen Russkaja Mitgliedern Zebo Adam und Manfred Franzmeier entdeckt, mit deren Hilfe 2008 an dem Debütalbum gearbeitet werden konnte. „Nelken & Schillinge“ hieß das Ergebnis, das Sommer 2009 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Durch regelmäßiges Airplay auf dem Radiosender FM4 wurde Bilderbuch auf mehrere große Festivals eingeladen. Innere Veränderungen wie die Verabschiedung von Klemens und die Begrüßung des neuen Bandmitglieds Michael hatten aber Bilderbuchs harmonischer Arbeitsweise keinen Abbruch getan.

Musikalisch schafften sie auf „Nelken & Schillinge“ einen Spagat zwischen Rock, Indie Pop und Old-School-Punk. Hoch anzurechnen ist hier der harmonische Grundton des Albums, sind doch die Lieder in einem Abstand von drei Jahren entstanden. Besonderes Augenmerk liegt aber auf den Lyrics, die zwischen Dadaismus, Poesie und Alltagsfloskeln liegen. Einige wurden von sehr realen Vorkommnissen inspiriert: Seinen Zivildienst verbrachte Maurice in einer psychiatrischen Klinik, wo ihn der fließende Übergang von abstrakten zu manchmal absurden Gedanken faszinierte. Die menschliche Psyche spielt im Allgemeinen eine wichtige Rolle in den Texten von Bilderbuch.

Dies spürt man auch an ihrem zweiten Album, das 2011 veröffentlich wird.  Obwohl den Vieren ein Hauch von Laissez-Faire nachzuwehen scheint, gehen sie es bei dieser Platte besonders bewusst an. „Die Pest im Piemont“ ist eine Art Konzeptalbum, die unter den Schlagworten Alterungsprozess, Rausch und Italien steht. Letzteres ist ein Synonym für Sehnsucht und Leidenschaft. Dass es Bilderbuch mit dieser Metapher sehr ernst meinen, sieht man auch an dem Cover der Platte, das im wahrhaftigen Land der Zitronen aufgenommen wurde. In einem Interview bestätigte Maurice, dass die Band dieser Platte ihre volle Aufmerksamkeit gewidmet hatte. Und diese Hingabe wurde nicht nur von den österreichischen Medien gelobt, sondern auch in Deutschland wuchs der Bekanntheitsgrad von Bilderbuch, was nicht zuletzt einer länderübergreifenden Tour durch Deutschland, Österreich und Schweiz zu verdanken war.

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Der wichtigste, weil auch aktuelle Meilenstein ihrer Bandgeschichte ist wohl im Jahr 2013 anzusiedeln. Die Single „Plansch“ erwischte die österreichische Musikszene wie ein kühles Aha-Erlebnis. Von der elektronischen Verspieltheit, über die eiskalt-lässig vorgetragenen Vocals bis hin zum saftigen Musikvideo – Bilderbuch zeigte, dass ihre Wandelbarkeit mit wahnsinnigem Talent einhergeht. Als alternativer Sommerhit wurde dieser Song zu Recht gefeiert und sogar die zweifelhaften Effekte des Autotune wurden den Vieren hoch angerechnet. Aber auch mit der nächsten Single „Maschin“, das von der EP “Feinste Seide” abstammte, ließ man sich nicht lumpen. Hier sprühte die Mischung aus Sexi- und Nerdiness Funken, die nicht zuletzt durch das wiederum geniale Musikvideo zugespitzt wurden. Die Professionalität von letzterem ist auf die Arbeit von Antonin Pevny zurückzuführen, der schon mit Moby kollaboriert hat.

So ein erfolgreiches Jahr hat jede Menge positive Konsequenzen. Zum Einen wird Bilderbuch ein sehr belebter Sommer voller Festivalauftritte erwarten. Zum Anderen sind die Vier bei den Amadeus Austrian Music Awards nominiert und das in vier Kategorien, was sie zu einem Ausnahmetalent macht. Ob die Entscheidung zu ihren Gunsten fallen wird, steht noch in den Sternen. Sonnenklar ist aber, dass Bilderbuch jetzt schon ein fixer Act im österreichischen Musikolymp ist.

Anne-Marie Darok

Fotos: Michael Mayr / Bilderbuch

 

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