Arditti Quartet – A Simple Guide to Complexity?

Unter dem Titel „A Simple Guide to Comlexity 2“ reiht sich das Quartett in eine von Wien Modern produzierte Konzertreihe ein, bei der die „New Complexity“ thematisiert wird – eine Kompositionstechnik der 1970er, die sich als Gegenbewegung zur „Neuen Einfachheit“ unter anderem durch ihre bewusst eingesetzte Überforderungsästhetik auszeichnet. Wie bei einem so hochkarätigen Ensemble zu erwarten, steht die Qualität von Performance und Interpretation natürlich außer Frage. Was hingegen eher zu hinterfragen ist: Hält das Konzert, was die Titulierung als „Guide to Complexity“ insinuiert? Eine Führung und EINführung in die Materie?

Als Hauptvertreter der Strömung bildet Brian Ferneyhoughs Streichquartett Nr. 5 einen ausgezeichneten Startpunkt für den Einstieg in komplexe musikalische Strukturen. Darauf aufbauend verspricht Elliott Carters Streichquartett Nr. 3 einen interessanten Spannungsbogen. Die wechselnden Perspektiven und Ausdrücke der Komposition bieten dabei genug Abwechslung, um die Aufmerksamkeitsspanne – insbesondere eines Complexity-Neulings – bis zur Pause auszudehnen. Irritierenderweise wurde das Programm jedoch an dieser Stelle durch ein Gesprächssegment, geführt von Bernhard Günther, künstlerischer Leiter von Wien Modern, unterbrochen. Im Hinblick auf die Konzeption als „Guide“ erscheint der Einschub eigentlich passend, durch unzureichende Vorbereitung und unbeholfene Fragen wirkt er trotz des Charmes Irvine Ardittis aber eher wie eine Bremsschwelle. Wenngleich der Abschluss mit Clemens Gadenstätters paramyths 1–3 musikalisch und im Kontext der thematischen Entwicklung des Abends durchaus stimmig war, sprengte er die Konzentrationskapazität so mancher Zuhörer:innen.

Ein beeindruckendes Konzert, aber wohl kein „Guide to Complexity“.

Katharina Darya Ressl

Diese Kritik über das Konzert mit dem Titel „A Simple Guide to Complexity 2“ mit dem Arditti Quartet im Rahmen von Wien Modern am 28. November 2022 im Wiener Konzerthaus entstand als Teil einer Lehrveranstaltung von Monika Voithofer am Institut für Musikwissenschaft der Universität Wien. Nähere Informationen dazu finden Sie hier.