„Am wohlsten fühle ich mich mit meiner Musik in einem Umfeld, in dem Leute zuhören“ – KŒNIG im mica-Interview

Best of 28“ lautet der Titel der zweiten Album-Veröffentlichung von KŒNIG. Die neun Tracks sind aus insgesamt 28 Skizzen entstanden, an denen der Musiker im Laufe seines 28. Lebensjahres bastelte, um die besten nun – ein Jahr später – am 1. März 2017 auf Laubrecords zu veröffentlichen. Warum man 2017 König sein möchte, Neonfarben auf den Lippen trägt und Trumps Triumph akustisch verarbeiten muss, erläutert Lukas König im Gespräch mit Julia Philomena.

Das Scheitern als Neuanfang ist laut Ihrer Eigendefinition zum Leitfaden für „Best of 28“ geworden. Was kann man sich darunter konkret vorstellen?

koenig: In den letzten ein bis zwei Jahren habe ich alte Skizzen ausgepackt, mich mit neuen Beats  gespielt und so lange herumexperimentiert, bis schlussendlich die gelungensten neun Tracks übrig geblieben sind. Wie das Leben halt so spielt, hat sich im Laufe dieser Zeit viel verändert: am Montag wachst du auf und dir gefällt die Nummer, am Dienstagabend möchtest du eine neue schreiben. Deswegen sind das Scheitern und der Neuanfang ein bisschen zum Thema geworden, auch inhaltlich für die  Texte.
Eigentlich bin ich ja kein Schriftsteller oder Dichter. Ich habe nach Reimen zu meiner Musik gesucht und dabei war der Ausgangspunkt ursprünglich mehr das Persiflieren von amerikanischen Rappern und deren Slangs. Als Support-Act für Bilderbuch habe ich allerdings nach 30 Gigs gemerkt, dass ein Lustig-Getue irgendwann doch seinen Witz verliert. Dann wird auch noch Donald Trump gewählt und man überlegt sich, was man eigentlich als Solo-Act sagen möchte. Das war der Anstoß für das „Best of 28“ Album. Ich habe begonnen, ein Notizbuch bei mir zu tragen und interessante Gedanken festzuhalten, an denen ich mich für das Schreiben später abarbeiten kann, sprich: persönliche Themen, aber ebenso politisch Aktuelles.

“Als koenig möchte ich zwar niemandem etwas aufzwingen, aber ich kann sicher nicht verneinen, mich positioniert zu haben.“

Inwiefern sind die Tracks Reaktionen auf politische Ereignisse?

koenig: „Salty waters“ ist am Tag nach Donald Trumps-Triumph entstanden. Durch Freunde, die in Amerika leben, habe ich quasi 1:1 mitbekommen, was für eine Welle dieser Wahl-Sieg ausgelöst hat und wie sich die Betroffenen gefühlt haben. Der Text ist mir demnach sehr schnell von der Hand gegangen und spricht, zumindest für mich, sehr klar über das konkrete Ereignis. Nach einem Konzert ist eine Freundin aufgewühlt zu mir gekommen und hat gemeint, alle „salty waters“ wären geflossen.
Den Begriff habe ich genommen, um diesen amerikanischen Wahnsinn zu benennen, die Attraktionsgeilheit, die Milliarden News-Feeds per second, oder auch die unfassbar persönliche Ebene, auf der dieser Wahlkampf in den USA vonstattengegangen ist. Man fragt sich, ob die Geschichte von vorne anfängt, wenn man weiße Männer auf dem Podest reden hört, oder Systeme immer dieselben bleiben, obgleich sich Namen und Umstände verändern. Als koenig möchte ich zwar niemandem etwas aufzwingen, aber ich kann sicher nicht verneinen, mich positioniert zu haben.

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Ein anderer Track, der musikalisch durch relative Sanftheit heraus sticht, ist „Rain Colour“. Inhaltlich geht es aber nicht unbedingt ums Blumenpflücken im Hochsommer?

koenig: „Rain Colour“ kann man als meine Kritik am österreichischen Musikbusiness verstehen, an Hypes um „weltberühmte Bands in Österreich“, oder merkwürdigen Strategien, um an Reichtum und Erfolg zu kommen. Der Track ist ein Sammelsurium meiner Gedanken dazu, weil es natürlich nie nur eine einzige Meinung, einen einzigen richtigen Aspekt gibt. Fast jede Nummer verweist auf irgendeine Auseinandersetzung, die ich gedanklich durchgeführt habe – aber leider meist ohne Lösung. [lacht]

Gemeinsam mit Bilderbuch hat koenig den Track „Softdrink“ aufgenommen, in dem der Rap in dezidiert ironischer Weise verwendet wird. koenig hat vergangenen Sommer auf dem niederösterreichischen Frequency-Festival auch einen Auftritt mit Bilderbuch gehabt. Eine gute Erfahrung?

koenig: Dass mich ein Frequency als Solo-Act nicht anfragt, wundert mich nicht. Aber ich würde lügen, wenn ich sage, dass es mich nicht überwältigt hat, letztes Jahr gemeinsam mit Bilderbuch dort vor tausenden Leuten auf der Bühne stehen durfte. Das war unfassbar. Ein komisches Gefühl, aber ein schönes. Wahrscheinlich deswegen, weil meine Musik per se nicht massentauglich ist und trotzdem sehr gut von dieser Masse aufgenommen wurde. Natürlich hätte ich es gerne, dass mein Namen genügt, um Stadien zu füllen, aber ich will mich nicht verstellen müssen, nur um von der Partymeute bejubelt zu werden. Dass mich Bilderbuch überhaupt mitgenommen hat, fand ich super. Die haben ja genau gewusst, dass das seltsam wird, wenn ich auf die Bühne komme. Aber das war ihnen egal und bestätigt ihren Mut.

Zurück zum Album „Best of 28“. Wie kann man sich konkret den Aufnahmeprozess und Ihre Arbeitsweise vorstellen? Wie sind die 28 ursprünglichen Skizzen entstanden?

koenig: Wie schon bei koenigleopold wollte ich in erster Linie Schlagzeug und Synthesizer spielen. Das Rap-Element war zwar nie geplant, aber ich habe es mir für meine eigenen Tracks behalten. Wenn ich im Studio gesessen bin und mit mir alleine geprobt habe [lacht], sind langsam akustische Linien entstanden, die nach und nach immer klarer geworden sind. Das Ausprobieren ist bei diesem Album sicher ziemlich ausgeartet. Zum Schluss war ich mir gar nicht mehr sicher, welche Tracks die besten sind.

In welchem Kontext würden Sie Ihre Musik verorten?

koenig: Am wohlsten fühle ich mich mit meiner Musik in einem Umfeld, in dem Leute zuhören. Ein Umfeld in dem aber auch gerne getanzt und experimentiert wird. In Wien spiele ich beispielsweise am liebsten im brut und im Porgy&Bess.  Mir gefällt Genre-übergreifendes, Lokale, in denen die Kunst auch in der Musik ihren Platz finden darf. Das fühlt sich für mich richtig an. Das Frequency wird beispielsweise in erster Linie von Teenagern besucht, die Spaß haben wollen. An exklusiveren Orten gibt es zwar weniger Publikum und das Alter steigt, aber dafür auch die Aufmerksamkeit.

KŒNIG (c) Lukas Gansterer

Wodurch zeichnet sich ein Live-Auftritt von koenig aus?

koenig: Wichtig ist mir vor allem, keine Playbacks zu verwenden. Ich kann live zwar nicht denselben Stoff abliefern, wie es meine Platte tut, aber das bietet Raum für Neues. In der Hinsicht ist jedes Konzert speziell. Außerdem kann ich als Solo-Act alles selber lenken und kontrollieren. Der Freiraum auf der Bühne macht mir ziemlich Spaß.

Was hat es mit dem Neonlicht auf sich?

koenig: Bei dem österreichischen Film „Hotel  Rock’n’Roll“ war ich als Musiker dabei und wurde von Michael Ostrowski gefragt, wie ich mir die Szene vorstelle, in der ich selbst am Schlagzeug unter Wasser zu sehen bin. Ich hab ein bisschen recherchiert und Ideen gesammelt, bis ich auf Neonfarben gekommen bin. Der nächste Schritt war die Tour mit Bilderbuch: Maurice Ernst wollte, dass meine Show etwas Besonderes hat und optisch etwas hergibt. Meinen Grundgedanken von „Hotel Rock’n’Roll“ habe ich kurzerhand für meine Shows übernommen, vor allem weil es recht unkompliziert gewesen ist, zwei Neon-Lampen mitzunehmen und die Instrumente mit Gaffa zu bekleben. Zudem hat das super ausgeschaut. [lacht] Ob es bei der Albumpräsentation am 7. März im Porgy & Bess Neonlicht geben wird, ist noch unklar, fix sind aber die Visuals von Gerhard Senz aka Prcls. Wie das visuelle Konzept auf der kommenden Tour ausschaut, weiß ich auch noch nicht. Sicher anders. Anders wird’s immer.

„Das Ausloten der Möglichkeiten als Performer auf einer Bühne ist spannend.“

Warum möchte man in Zeiten wie diesen König sein?

koenig: Ich heiße halt so [lacht]. Das war eine schnelle Entscheidung, meinen Nachnamen als Künstlernamen zu verwenden. Mittlerweile geht mir die Monarchie-Referenz eigentlich selbst auf die Nerven. Ich wollte als Support-Act für Bilderbuch nicht untergehen. Den zweitausend Menschen ist völlig egal, wer ich bin oder was ich spiele. Aber wenn dann ein Typ am Schlagzeug sitzt, mit Neon-Lippenstift und einer Krone auf dem Kopf, dann empfindet das Publikum eine Irritation, die mir gefällt. Das Ausloten der Möglichkeiten als Performer auf einer Bühne ist spannend. Irritation bleibt auf jeden Fall länger im Gedächtnis als Unterhaltung. Man darf sein Publikum nicht für dumm verkaufen, die meisten wollen ja etwas anderes erleben.

Wie sehen Ihre Zukunftspläne aus?

koenig: Am ersten März ist die neue Platte erschienen und es wird im Zuge dessen zwölf Konzerte geben. U.a. in Österreich, Deutschland, Slowenien und Frankreich. Auch mit anderen Projekten wird viel weiter gehen, zum Beispiel mit Maja Osojnik. Im Sommer werde ich Festivalgigs mit Kœnig, Kompost3 und Kompost3 feat. Mira Lu Kovacs spielen. Die letzt genannte Band wird im Herbst ein Album herausbringen, wo es auch eine große Tour geben wird.

Vielen Dank für das Gespräch!

Julia Philomena

KŒNIG live
07.03. Porgy & Bess, Wien
30.03. Orpheum, Graz

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Laubrecords
Porgy & Bess