Die in Innsbruck lebende Musikerin, Produzentin und Multi-Instrumentalistin Lisa Aumaier, alias LITTLE ELEMENT, entführt ihr Publikum mit ihrem neuen Album „Trippy Moon” auf eine Reise durch vielfältige Klanglandschaften. Das Album vereint Neo-Psychedelia, Dub, globale Klänge, Trip-Hop und Indie zu einem atmosphärischen Sound, der Gefühle wie Nostalgie, Sehnsucht und Euphorie auf eindringliche, tiefgründige, aber dennoch zugängliche Weise zum Ausdruck bringt. Im Interview mit Michael Ternai spricht Lisa Aumaier über die Herausforderungen bei der Produktion des Albums, ihre vielseitigen musikalischen Einflüsse und die Bedeutung der Musik in ihrem Leben.
Dein Debüt ist vor vier Jahren erschienen. Mit „Trippy Moon“ ist jetzt dein zweites Album erschienen. Warum hat es so lange gebraucht?
Lisa Aumaier: In den letzten vier Jahren war ich alles andere als untätig. In dieser Zeit habe ich wirklich viele Demos produziert. Mit dem ersten Album hatte ich allerdings etwas Pech, da es genau zu Beginn der Pandemie herauskam, und Konzerte oder Tourneen waren damals kaum möglich. Das hat mich ziemlich in eine Depression gestürzt, weil ich das Gefühl hatte, dass vieles, was ich gemacht hatte, einfach umsonst war und vieles komplett unterging. Damit musste ich erst einmal klarkommen. Trotzdem habe ich in dieser Zeit kontinuierlich Musik gemacht und auch Konzerte gespielt. Ich war unter anderem in den USA auf Tour.
Außerdem gründete ich gemeinsam mit Jenny Schauertden Kulturverein INNAWILD PRODUCTIONS, um mir ein zweites Standbein aufzubauen. Der Verein unterstützt FLINTA*-Personen vor und hinter der Bühne und hat das Ziel, deren Sichtbarkeit in den Bereichen Musik, Kunst und Kultur zu erhöhen. Wir organisieren Workshops und andere Events, bei denen wir jungen Talenten unsere Erfahrungen und Fähigkeiten vermitteln und ihnen die Möglichkeit bieten, sich untereinander zu vernetzen. Hier war ich sehr aktiv, auch weil mir dieses Thema sehr wichtig ist.
Parallel arbeitete ich intensiv an einem Live-Konzept, hatte jedoch noch keine klare Richtung für das zweite Album. Nach und nach nahm es Gestalt an: Ich schrieb und nahm neue Songs auf, das Album war fast bereit für den Mix. Doch kurz vor Abschluss kam mir die Idee für einen zusätzlichen Song. Während der Arbeit daran reiste ich nach Spanien, um ihn dort fertigzustellen. Das war ein großer Fehler, denn dort wurde mir der Laptop mitsamt Festplatte gestohlen.
War das ganze Album weg?
Lisa Aumaier: Nicht ganz. Aber aufder Festplatte befanden sich die Projekte von drei meiner Lieblingssongs, an denen ich wirklich lange gefeilt hatte. Die waren dann weg, was für mich extrem schlimm war. Es handelte sich auch um drei wirklich große Projekte mit jeweils fast 60 Spuren. Solche Projekte kann man nicht einfach so wiederherstellen.
Über den Sommer habe ich dann versucht, die Songs aus meiner Erinnerung und nach meinem Gefühl nachzubauen, was aber nur teilweise gelungen ist. Vor allem die Stimmung der Songs konnte ich nicht wieder einfangen. So schlimm das Ganze auch war, das Positive daran war, dass ich gleichzeitig neue Songs geschrieben habe, die so gut waren, dass sie es aufs Album geschafft haben. Rückblickend war das wirklich ein verrückter Prozess. Man kann sagen, dass hinter den Kulissen nie wirklich Stillstand herrschte – es hat sich immer etwas getan.
Dein Album ist auf jeden Fall eine sehr bunte musikalische Mischung aus verschiedensten Stilen geworden. Ich habe auch das Gefühl, dass die musikalische Vielfalt im Vergleich zum Debüt noch größer geworden ist. Die Songs sind alle sehr unterschiedlich. Die Klammer, die alles zusammenhält, ist diese verträumte und entspannte Stimmung. Man denkt immer irgendwie an Sonne und Strand, wenn man deine Songs hört.
Lisa Aumaier: Ich finde es lustig, dass dieses Gefühl am Strand zu liegen, oft mit meiner Musik assoziiert wird. Und ich empfinde diese Beschreibung auch als großes Kompliment, nur glaube ich, dass in meiner Musik schon auch immer ein Hauch von Melancholie mitschwingt. Wobei ich bei manchen schwereren Themen schon auch immer ein Licht am Ende des Tunnels gebe. Aber happy peppy sind meine Songs nicht …
… das sind sie definitiv nicht. Die Musik vermittelt sehr wohl auch Tiefgang. Aber die musikalischen Elemente, die in den Songs zusammenkommen, lassen schon auch von fernen Orten träumen, die über die ganze Welt verteilt sind.
Lisa Aumaier: Wahrscheinlich werde ich unterbewusst von einer sehr vielfältigen musikalischen Palette beeinflusst. Da ich mit sehr jungen Eltern aufgewachsen bin, habe ich von ihnen schon früh sehr unterschiedliche musikalische Eindrücke mitbekommen. Mein Vater war früher DJ und legte Afro- und Cosmic-Music auf – daher kommt wohl auch meine Zuneigung zu Sounds aus Afrika sowie aus Südamerika. Als Jugendliche war dann auch Grunge ein Thema für mich, ebenso wie die klassischen Indie-Sachen der 2000er. Damals habe ich auch viel FM4 gehört, als dort noch viel Underground-Musik lief. Irgendwann kam dann auch Hip-Hop dazu, vor allem durch die Snowboarder-Kreise, in denen ich unterwegs war und in denen Hip-Hop sehr angesagt war.
Auf meinen Reisen habe ich zusätzlich immer wieder musikalische Einflüsse aufgenommen. Und dabei ist es vor allem das Gefühl der Sehnsucht, das immer mitschwingt. Ich fühle mich Ländern wie Spanien und Portugal sehr verbunden – den Menschen, der Kultur, dem Lebensgefühl. Oft zieht es mich gedanklich dorthin zurück.
All diese Einflüsse und Gefühle spiegeln sich in gewisser Weise in meiner Musik wider. Zur stilistischen Breite des Albums hat aber auch die bereits erwähnte Geschichte mit dem gestohlenen Laptop beigetragen. In dieser Phase entstanden einige neue Stücke, die in eine etwas andere Richtung gingen – weniger Indie-Einfluss und mehr in Richtung meiner eigenen musikalischen Wurzeln, was das Ganze stilistisch, glaube ich, noch vielfältiger gemacht hat.
Wenn man dir so zuhört, kann man den Eindruck bekommen, dass du in gewisser Weise schon eine Perfektionistin bist, wenn es um deine Musik geht.
Lisa Aumaier: Das Interessante an diesem Punkt ist, dass es durchaus Songs gibt, die sehr schnell und ohne große Tüftelei entstanden sind, bei denen ich eigentlich sofort wusste: Das ist es jetzt. Und dann gibt es natürlich Songs, die ich nochmals öffne und bearbeite – und da kann es schon passieren, dass man sich im Detail verliert. Bei diesem Album habe ich jedoch die Hälfte der Songs selbst gemischt, und dabei wurde mir schnell klar, wie schwierig es ist, ein Ende zu finden. Es gibt einfach endlose Möglichkeiten; die kleinste Veränderung einer Einstellung führt sofort zu einem komplett anderen Vibe. Das war eine große Herausforderung, aber ich habe auch viel gelernt. Unter anderem, dass es einer gewissen Disziplin bedarf, um einen Song für fertig zu erklären. Ich habe die Songs auch meinen Freundinnen und Freunden vorgespielt und gemerkt, an welchen kleinen Nuancen ich hängen bleibe, während sie eigentlich gar keinen Unterschied bemerken. So gesehen kann man wohl sagen, dass ich doch ein
Was sind die Themen deiner Songs? Persönliche Geschichten, Beobachtungen …
Lisa Aumaier: In meinen Songs verarbeite ich vor allem viele persönliche Geschichten und Erfahrungen. Alles, worüber ich auf diesem Album schreibe, ist echt – es ist keine Fiktion, sondern wahre Gefühle und Sehnsüchte, die hier zum Ausdruck kommen. Das Album dreht sich besonders stark um eine bestimmte Begegnung. Gleichzeitig geht es aber auch um Liebesbeziehungen, das Überwinden von Krisen und um persönliche Konflikte. Diese Themen spreche ich jedoch nicht direkt an, sondern erzähle sie eher in Metaphern, sodass man vielleicht nicht sofort versteht, worum es geht.
Ein Beispiel ist der Song „We Will Be Fine“, der ein zentrales Thema meiner Musik aufgreift: das Gefühl, aufgrund meiner Ängste oft in mir selbst gefangen zu sein. Ich habe viele Pläne, doch die Angst vor der Umsetzung und ihren möglichen Konsequenzen hält mich oft zurück und macht mich manchmal verrückt. Diese Verzweiflung verarbeite ich ebenfalls oft in meiner Musik.
Das heißt, du brauchst die Musik zum Ausgleich für dein Seelenleben.
Lisa Aumaier: Genau. Auch wenn Musik für mich gleichzeitig Fluch und Segen ist, bin ich unglaublich dankbar, diesen Kanal zu haben. Einerseits kann das Musikgeschäft mit all seinen Herausforderungen extrem frustrierend sein, andererseits bietet es mir den perfekten Ausgleich. Ich kann meine Leidenschaft ausleben, meiner Kreativität freien Lauf lassen und mich mit der Welt und anderen Menschen verbinden – das ist einfach wunderbar. Musik ist mein Safe Space, in den ich mich zurückziehen und auf andere Gedanken kommen kann.
Als, was siehst du „Trippy Moon“ eigentlich. Nachdem dein erstes Album ja zum wohl ungünstigsten möglichen Zeitpunkt erschienen ist, bietet sich jetzt die Möglichkeit, richtig durchzustarten. Inwieweit siehst du dieses Album als eine Art zweiten Start?
Lisa Aumaier: Ich würde das Album jetzt nicht als einen zweiten Start bezeichnen. Schon vor dem Debüt gab es eine EP, die eigentlich sehr schnell Support bekommen hat und im Grunde ein sehr guter Start war. Die Leute waren schon damals gespannt auf das Debüt. Das neue Album fühlt sich eher so an, als würde ich mit all den Erfahrungen, die ich in den letzten Jahren sammeln konnte, einen Schritt nach vorne machen. Ich habe jetzt einfach mehr Know-How, ich weiß einfach mehr, wie die Dinge funktionieren und was passieren muss, und das hilft sehr.
Hatte dieses gewonnene Wissen auch Einfluss darauf, wie du die Musik schreibst? Vielleicht entlang eines bestimmten Popformates?
Lisa Aumaier: Das ist eine sehr gute Frage. Tatsächlich habe ich während des Prozesses viel darüber nachgedacht und wollte ehrlich gesagt schon etwas mehr Struktur finden. Aber ich kann einfach nicht nach einem festen Konzept schreiben und mir vornehmen, einen Song in diesem oder jenem Stil zu kreieren. Stattdessen habe ich darauf vertraut, dass es in Ordnung ist, dass meine Musik so individuell ist und sich durch den Vibe ein gewisser roter Faden zieht. Es gibt zwar die eine oder andere Nummer, die etwas aus dem Rahmen fällt, aber ich denke, man hört immer noch, dass es Songs von Little Element sind. Ich finde es einfach cool, dass sich in meiner Musik so viele Dinge mischen.
Wie sieht eigentlich die Liveumsetzung deiner Musik aus? Du hast eingangs erwähnt, dass du intensiv an einem Live-Konzept gearbeitet hast.
Lisa Aumaier: Darüber habe ich tatsächlich viel nachgedacht. Ich habe in der Vergangenheit live oft mit Backing-Tracks und Live-Looping gespielt, allerdings war ich nie so ganz happy damit. Ich musste immer darauf, ob eh alles funktioniert, was mich oft daran hinderte, frei loszuspielen.
Jetzt werde ich live von einer Band begleitet, bestehend aus Bass, Percussion und Drums. Der Laptop und Ableton Live sind nach wie vor ein fester Bestandteil. Mir war jedoch wichtig, nicht einfach nur zu den Backingtracks zu performen, sondern die elektronischen Elemente aktiv einzubinden und kreativ mit ihnen zu arbeiten – sei es durch verrückte Effekte, Samples oder Live-Looping.
Das Arrangement des neuen Albums passt dazu perfekt. Wir haben gerade eine Tour durch Deutschland, die Schweiz, Österreich und Frankreich hinter uns. Die Leute hatten Spaß – und wir genauso. Mir ist es besonders wichtig, live eine ganze Atmosphäre zu schaffen, in der wir gemeinsam mit dem Publikum in eine andere Welt eintauchen können. Mit dem neuen Live-Set funktioniert das hervorragend.
Herzlichen Dank für das Interview.
Michael Ternai
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Little Element live:
17.01.2025, Die Bäckerei Innsbruck (AT)
18.01.2025 KAFF, Frauenfeld (CH)
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