„Ich war immer schon an Musiken interessiert, die über das Klassische und Zeitgenössische hinausgehen“- ALEXANDER J. EBERHARD im mica-Interview

Es ist der doch etwas andere Klang, mit dem ALEXANDER J. EBERHARD auf seinem Album „P.A. CAT“ die Hörerschaft konfrontiert. Quasi mit den herkömmlichen musikalischen brechend, sind es vielmehr faszinierende avantgardistische Klanggeschichten und Soundcollagen, als irgendwelche Stücke klassischen Formats, die er ertönen lässt. Der Kärntner Musiker mit dem Hang zum Experiment im Interview mit Michael Ternai.

Hört man sich durch Ihr Album, fällt eigentlich sofort auf, dass Sie sehr vielfältig an die Sache herangegangen sind. Die Stücke sind in ihrem Klang, ihrer Art und ihrem Stil sehr verschieden.

Alexander J. Eberhard: Man kann das Album als eine Art „Werkschau“ bezeichnen. Das würde ganz gut passen, denn einige Stücke, die auf diesem zu finden sind, habe ich schon vor längerer Zeit komponiert. Man muss auch dazu sagen, dass ich das Album ja bereits 2014 aufgenommen habe, es aus diversen Gründen aber erst jetzt veröffentlichen konnte. Zum einen habe ich einfach den Aufwand unterschätzt. Ich wollte „P.A. Cat“ ja unbedingt als CD und auch als Platte herausbringen. Und für die Platte mussten die Stücke nochmals extra gemischt und gemastert werden. Das hat dann schon einige Zeit in Anspruch genommen. Und zum anderen ist ein solches Vorhaben natürlich auch immer eine Frage der Finanzierung. Ich hatte aber das Glück, von der SKE die Sommerstudios im Radiokulturhaus zur Verfügung gestellt zu bekommen. Dort habe ich aufgenommen. Das war schon sehr fein und hat die ganze Sache auch sehr erleichtert.

Wie würden Sie Ihre Musik stilistisch verorten?

Alexander Eberhard: Das ist eigentlich gar nicht so leicht zu beantworten. Ich würde sagen, es geht bei mir quer durch den Gemüsegarten. In den Stücken mit Peter Herbert zum Beispiel von der Elektronik zum Jazz. In den anderen Stücken passiert etwas ganz anderes. Generell kann man sagen, dass sich auf der auf der Platte genauso auskomponierte Stücke finden, wie auch solche, die aus Improvisation heraus entstanden sind.

“[…] je schlechter das Material aufgenommen ist,  desto lieber arbeite ich auch damit […]”

Haben Sie eigentlich schon zu Beginn ganz bestimmte Vorstellungen darüber, wie ein Stück letztlich klingen soll?

Alexander J. Eberhard: Ich habe schon ganz genau Vorstellungen, wie etwas klingen soll und arbeite darauf hin, diese auch bestmöglich zu verwirklichen. Dies geschieht auf unterschiedlichsten Wegen. Ich verwende für meine Stücke wahnsinnig viel selbst aufgenommenes Zeug und experimentiere mit verschiedenstem Equipement. Und je schlechter das Material aufgenommen ist, desto lieber arbeite ich auch damit, weil man damit im Vergleich zu wirklich schön gespielten Tönern meistens auch mehr anfangen kann. Darüber hinaus arbeite ich auch sehr viel mit Zuspielungen. Alles in allem sind die Sachen, die ich mache, eigentlich Live-Elektronik.

Wie sind Sie eigentlich musikalisch sozialisiert worden? Wie entwickelt man in seinem Tun eine solche musikalischen Offenheit? Sie haben ja auch Komposition studiert.

Alexander J. Eberhard: Das stimmt, eine Zeitlang habe ich neben der klassischen Viola tatsächlich auch Komposition studiert. Unter anderem war ich zwei Jahre bei Dieter Kaufmann in der Kompositionsklasse. Darüber hinaus habe ich noch einen Lehrgang für elektronische Musik absolviert. Irgendwann aber fasste ich den Entschluss, mich auf mein Bratschestudium zu konzentrieren und dieses abzuschließen. Ich dachte mir, dass ich die Dinge, die ich irgendwann einmal fürs Komponieren benötigen werde, mir dann selber irgendwie beibringen würde. Und so war es auch. Deswegen würde bei mir im Bezug auf das Komponieren, glaube ich, auch mehr der Begriff des Autodidakten passen.

Aus der Klassik und dem Zeitgenössischen kommend haben Sie sich aber – wie es Ihre zahlreichen Projekte sehr schön dokumentieren – relativ rasch auch anderen Genres zugewandt.

Alexander J. Eberhard: Ich war immer schon an Musiken interessiert, die über das Klassische und Zeitgenössische hinausgehen. In der Elektronischen Musik gibt es sehr viele spannende Sachen. Natürlich auch im Pop. Und manche Elemente solcher Stile habe ich dann eben in meine Musik einfließen lassen. Die Kunst ist, all diese verschiedenen Dinge in einer spannenden Form unter einen Hut zu bringen. Das stellt sich manchmal als gar nicht so einfach heraus. Nach wie vor bin ich auch immer noch daran interessiert, was im klassischen Musikbereich passiert. Ich gehe sehr gerne auf Konzerte. Wer mir derzeit ganz besonders taugt ist Teodor Currentzis mit seinen Mozart-Opern-Interpretationen. Die habe ich einmal live gesehen und war wirklich begeistert. So etwas finde ich sehr inspirierend.

In der modernen Musik ist es ja manchmal verpönt, wenn man plötzlich Klänge aus ganz anderen Richtungen verwendet.”

Sie gehören eher zur experimentierfreudigeren Sorte von Musikern. Oder täuscht dieser Eindruck?

Alexander J. Eberhard: Man sollte, finde ich, einfach keine Angst davor haben, zu experimentieren und Dinge auszuprobieren, die mit dem Gängigen brechen oder diesem zuwiderlaufen. In der modernen Musik ist es ja manchmal verpönt, wenn man plötzlich Klänge aus ganz anderen Richtungen verwendet. Diesbezüglich habe ich überhaupt keine Berührungsängste. Es geht mir darum, mit meiner Musik etwas auslösen. Ich will damit aber nicht sagen, dass ich das nur deshalb mache, dass es den Leuten gefällt. Das nicht, aber es ist für mich schon wichtig, dass man bei einem Stück schon im ersten Moment ohne eine lange Erklärung versteht, worum es in diesem geht.

Das heißt, Sie zielen mit Ihrer Musik auf die Gefühlsebene ab.

Alexander J. Eberhard: Absolut. Was mir in der modernen Musik zudem manchmal auch fehlen, sind Spontaneität und Mut, über die musikalischen Grenzen hinauszugehen. Manche Sachen empfinde ich als zu spröde konstruiert. Manches schaut zwar in der Partitur wahnsinnig spannend aus, von der Umsetzung ist man dann aber letztlich doch ein wenig enttäuscht.

Wie sieht eigentlich die Liveumsetzung Ihrer Musik aus? Ist es nicht kompliziert, eine so vielschichtige Musik auf der Bühne live zu spielen?

Alexander J. Eberhard: Das geht eigentlich. Mein Setup besteht aus einer akustischen Viola, die mehr oder weniger über ein Mikrofon abgenommen wird. Darüber hinaus verwende ich diverse Fußtreter, wie sie auch Gitarristen verwenden: einen Delay, eine Loopstation, einen Verzerrer, einen Freezer und Verstärker. Und die Zuspielungen kommen vom Rechner. Das ist es eigentlich auch schon.

Sie sind ja in vielen verschiedenen musikalischen Projekten engagiert. Auf die Schnelle fällt mit das Elektronikduo bonaNza mit JSX ein. Oder auch das Christine Lavant Quartett. Mit ihrem neuen Album treten sie quasi als Solokünstler in Erscheinung. Welche Wertigkeiten messen Sie Ihren verschiedenen Projekten eigentlich zu?

Alexander J. Eberhard: Das Christine Lavant Quartett ist ja auch auf dem Album zu hören. Ich finde es schön, dass es dieses Mal mit der Zusammenarbeit geklappt hat und ich mit dem Quartett einmal etwas mit meiner Musik machen konnte. Sonst widmen wir uns ja fast ausschließlich der Exilmusik. Bei bonaNza ist es einfach eine Zeitfrage. Wir sind im Moment einfach in zu vielen anderen Projekten tätig, was die Sache klarerweise erschwert. Aber es gibt uns immer noch. Und ja wir planen schon auch etwas für die Zukunft. Wann es aber tatsächlich losgeht, lässt sich heute aber noch nicht sagen. Welches Projekt mir aber jetzt wirklich wichtiger ist, kann ich eigentlich gar nicht sagen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Michael Ternai

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