11. Komponistenforum Mittersill

Die schon zur Tradition gewordene Pressekonferenz im Vorfeld des Komponistenforums in Mittersill, das am 7.September startet, fand am Dienstag in den Räumlichkeiten des mica statt. Die Festivalmacher Wolfgang Seierl und Hannes Raffaseder sowie als Gast die Cellistin Clementine Gasser, eine der diesjährigen Composers in Residence, machten neugierig auf das Programm.

Eine Erfolgsgeschichte

Am Donnerstag, den 7. September geht es in Mittersill wieder zur Sache. Schon zum elften Mal findet in dem Salzburger Bergort eines der interessantesten österreichischen Festivals im Bereich der Neuen Musik statt: Das zum Fixpunkt im Musikleben gewordene Komponistenforum Mittersill ist aber, wie der Name schon sagt, eigentlich mehr als ein Festival. Schon von der Gründungsidee her ist es in der Tat in erster Linie ein Forum für Komponisten und Interpreten, unter Einbindung auch des lokalen Publikums und lokaler Musikszenen. Und das ist es, bei ständig steigender Attraktivität und Ausweitung der Teilnehmerkreise auch quer durch unterschiedliche Szenen und ästhetische Ausrichtungen  (das 10-Jahre-Jubiläum 2005 brachte illustre Gäste und einen Besucherrekord), auch geblieben.

Sechs Composers-in-Residence, dazu namhafte MusikerInnen und Ensembles aus den Bereichen Neue und Improvisierte Musik prägen jeweils unter einem Jahresmotto den Ablauf. Neue Werke, die beim Schlusskonzert uraufgeführt werden, entstehen im Idealfall direkt vor Ort. Die Palette der Veranstaltungen: Konzerte, Workshops, Symposion, Kino, Performance, Aktionen und – ganz großgeschrieben: Kommunikation.

Was ursprünglich ein Experiment war, ein Zusammenkommen von Komponisten und Musikern in einer Ausnahmesituation, fernab von kulturellen Hochburgen in einer bislang unterbelichteten Region, erwies sich als nachhaltiges Erfolgsrezept: 10 Tage in der “Natur” sein, das stelle, so Wolfgang Seierl, einfach eine ganz besondere, produktive Ausgangssituation dar. Unübersehbar angewachsen ist die Zahl der in Mittersill entstandenen Uraufführungen, die regelmäßig auch auf CDs (EIN_KLANG-records) dokumentiert wurden. Hier entstanden Plattformen, auch langfristige Partnerschaften und Freundschaften quer durch die Szene(n).

Mittersill verstehe sich nicht als Konkurrenz zu den “Großen”, so Co-Festivalleiter Hannes Raffaseder: Wiewohl nunmehr ein “Festival”, sei – jenseits von Perfektionsansprüchen – die Kommunikation weiterhin das Wichtigste. Dass man auch als Zuhörer zum Teilnehmer wird, der am Prozess der Entstehung von neuen Kompositionen teilhaben kann, das gäbe es wirklich nur in Mittersill. Im “Berührungsraum” im Gasthof Oberbräu etwa kann man ganz zwanglos mit den Komponisten zusammenkommen und etwas über ihre Arbeit erfahren.

Der zweite Grund, vor elf Jahren ausgerechnet in Mittersill ein solches Forum einzurichten, ergab sich aus dem Umstand, dass Anton Webern hier 1945 auf tragische Weise umgekommen ist. Den Initiatoren des Komponistenforums schwebte vor, dem bedeutenden Komponisten, der auch in Mittersill begraben ist, ein “lebendiges Denkmal” (Wolfgang Seierl) zu errichten, allerdings eines, “das den Blick auf die Zukunft der Musik richtet”. 2005 wurde hier Weberns 60. Todestag begangen – auch am 15. September 2006 wird man an den Komponisten erinnern, mit einer von Karlheinz Essl im Vorjahr erdachten Glockenspiel-Installation, dem “Webernuhrwerk” am Marktplatz, das eine Zwölftonreihe permutiert. Und noch eines Verstorbenen, der bereits die Teilnahme am Symposion (“Mozarts Knie”, s. u.) zugesagt hatte, gilt es heuer zu gedenken: In memoriam Otto M. Zykans gibt es einen Filmabend.

Programmthema “Kult”

Das heurige Thema zielt sowohl auf den Kultstatus ab, den “besonders begehrte und verehrte, von den Medien gehypte Kulturgüter besitzen, als auch auf das Kultische schlechthin, auch im Zusammenhang mit Ritual, Vision, Intuition und Inspiration” (Pressetext).  Es geht also einerseits um die Tiefe des archaischen Arbeitens, aber genauso darum, wie auch die heutigen Künstler bei den Kultmechanismen des Marktes mitspielen, viele hängen zudem immer noch einem überkommenen Geniebegriff an.

Das Symposium “Mozarts Knie” (15. & 16.September) mit Teilnehmern aus Wissenschaft, Kunst, Journalismus und Kulturmanagement befasst sich mit dem Spannungsfeld zwischen aktuellen künstlerischen Positionen und heutigen Marktstrukturen. Der Titel bezieht sich auf ein Zitat von Joseph Beys (“Ich denke sowieso nur mit dem Knie”) und stellt die Frage nach künstlerischen Selbstbildern und Positionen im Konnex mit gesellschaftlichen Idealen und Idolen, natürlich auch im Zusammenhang mit den Marktstrategien Kunstschaffender (das Business-Modell Künstler).

Die heuer auserwählte Komponistenriege setzt sich durchwegs aus Grenzgängern zusammen: Christoph Cech und Christof Dienz arbeiten in Bereichen zwischen Neuer Musik und Jazz sowie “angewandter” Musik, Clementine Gasser ist als Komponistin zugleich ausübende Musikerin, Christoph Herndler steht für ganz spezielle Kompositionskonzepte. Im Rahmen eines Künstleraustauschprogrammes zwischen dem Land Salzburg und dem Virginia Center for the Creative Arts ist Laurence Sherr (USA) weiterer Artist in Residence,  als Sechster mit im Bunde ist als klang-Stipendiat der in Graz studierende Miha Ciglar aus Maribor/Slowenien. Und der Medienkünstler Markus Wintersberger soll als Nicht-Musiker mit dafür sorgen,  dass bei den Diskussionen und Gesprächen keine zu starke Verengung auf rein musikalische Gesichtspunkte passiert.

Als Ensemble in Residence fungiert das in Hamburg ansässige Ensemble Intégrales – und damit erstmals ein nicht-österreichisches Ensemble. Es bestreitet das Eröffnungskonzert mit Stücken von Wolfram Schurig, Bernhard Gander, Klaus Lang , Hannes Galette-Seidl und Daniel Salecich (10.9.) und erarbeitet in der Folge die Uraufführungswerke der Forumsteilnehmer(innen) beim Schusskonzert (16.9.).

Weitere Programmpunkte: Eine Performance von Miha Ciglar (13.9.), ein Konzert des Violarium Trios (Krakau) und  – in Kooperation mit OFFMozart Salzburg – die Uraufführung des Musiktheaters DonGiovanni/Introduzione (15.9.). Die beiden Eröffnungsszenen der Mozartoper wurden von Ferdinand Schmatz neu getextet und auch Mozarts Musik wurde von Wolfgang Seierl (Komposition und Elektronik/Live-Elektronik, Vihuela) neu gelesen und gedeutet. Die Ausführung auf der Bühne obliegt als einzigem Protagonisten dem Countertenor Thomas Künne, ein weiteres Element der Aufführung bildet eine Performance/Installation der Schweizer Künstlerin Victorine Müller. Anschließend an diese Urauführung folgen als ultimativer Mozart-Tribut des Komponistenforums 26 filmische Miniaturen österreichischer Filmschaffender (“The Mozart Minutes”).

Komponistenforum Mittersill