Die Baranka Park Gedenkfeier wird seit mehr als 10 Jahren vom Verein Voice of Diversity veranstaltet, um der Roma und Sinti zu gedenken, die Opfer des Nationalsozialismus wurden. Mit der Feier soll der Opfer gedacht werden und auch das Leben und die Kultur der Roma und Sinti sowie der jüdischen und Wiener Kultur gefeiert und vermittelt werden. Namhafte Künstler wie Harri Stojka, Aliosha Biz, Ulli Bäer oder Moša Šišic präsentieren am 20. Mai 2019 ihre Kunst und Kultur, um auf der ehemaligen Hellerwiese (heute Belgradplatz mit Baranka Park) im 10. Wiener Gemeindebezirk, wo einst die Roma und Sinti Familien in ihren Wohnwägen lebten, ein Zeichen gegen das Vergessen zu setzen.
Rastplatz der Roma & Sinti – ein historischer Ort
Seit dem 18. Jahrhundert war die Hellerwiese Lager- und Rastplatz der Roma (aus dem Stamm der Lovara) und Sinti, die ihre Teppiche, Stoffe und Pferde bis in den Grazer Raum handelten. Die fahrenden Händler lebten mit ihren Wohnwägen auf der Wiese in unmittelbarer Nähe zur Schokoladen-Fabrik Heller. Der Austausch mit den Nachbarn war freundschaftlich und von gegenseitigem Respekt, bis 1940 das NS-Regime auf die Roma- und Sinti Familien aufmerksam wurde. Das Gelände wurde zunächst eingezäunt und stand unter Beobachtung. Im Jahr 1941 verschleppte die Gestapo schließlich blindwütig und gnadenlos alle auf der Wiese lebenden Menschen in Konzentrationslager.
Zeitzeuge Mongo Stojka
Johann „Mongo“ Stojka, der als Kind mit seiner Familie selbst auf der Wiese gelebt hatte, war einer der ganz wenigen, die das Konzentrationslager überlebten. Sein Vater erkannte die Gefahr durch die Nazis frühzeitig und übersiedelte die acht-köpfige Familie nach Ottakring nahe dem Kongressbad. Die Räder des Wohnwagens montierte der Vater kurzerhand ab und machte aus dem mobilen Heim ein kleines Holzhaus mit festem Standort. Doch 1943 wurde auch die Familie Stojka von der Gestapo ins Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau deportiert und erlebte Schreckliches. Mit Hilfe seines Sohnes, dem international bekannten Gitarren-Virtuosen Harri Stojka, begann er schließlich, die Geschichte dieses historischen Ortes, die auch seine eigene war, aufzuarbeiten und öffentlich zu machen.
In seinem Buch “Papierene Kinder” (Molden, Wien 2000) hat Mongo Stojka seine Erinnerungen an die Familie auf der Hellerwiese, die den Roma und Sinti als Lagerplatz so lange ein zu Hause war, festgehalten und versucht, den blanken Horror, der folgte, zu benennen.
Mit der Unterstützung des „Kulturraum 10″ gelang es Mongo Stojka 1999 eine Gedenktafel in dem heutigen Park zu errichten und einen roten Kastanienbaum, dem damaligen Lieblingsbaum der Lovarafamilien, zu pflanzen. Im Jahr 2003 wurde der Park schließlich nach der angesehenen Naturheilerin Helene „Baranka“ Huber – Großmutter von Mongo Stojka und Stammes-Oberste – in Baranka Park umbenannt.
Gedenken im Baranka Park
Seit 2009 organisiert der Verein Voice of Diversity die jährliche Baranka Park Gedenkfeier, um die unermüdliche Aufklärungsarbeit und Bewusstseinsbildung von Mongo Stojka, der im März 2014 verstorben ist, weiter zu führen.
Mit der Gedenkfeier soll der Opfer gedacht werden und auch das Leben und die Kultur der Roma und Sinti sowie der jüdischen und Wiener Kultur mit großer Anerkennung und Respekt gefeiert und vermittelt werden.
PROGRAMM der Baranka Park Gedenkfeier
17.00 Uhr Eröffnung
Zahlreiche Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens kommen zu Wort und geben kurze Statements, um ein Zeichen gegen das Vergessen zu setzen und den Blick für die Gegenwart und Zukunft zu schärfen.
17.30 Uhr Lesung: Doris Stojka & Musik: Harri Stojka
Doris Stojka liest aus dem Buch „Papierene Kinder“ von ihrem Vater Mongo Stojka, der das Konzentrationslager als Kind überlebt hatte und später seine Erinnerungen in diesem Buch festhielt.
19 Uhr Konzert: Ulli Bäer – Duo Gebrüder Ulrich
Bekannt wurde der Ausnahmegitarrist Ulli Bäer Anfang der 1980er-Jahre, als er sich mit seinem Dialektsong „Der Durscht“ in den Charts platzieren konnte. Seit den 1990er Jahren trat er als Gitarrist auf den Tourneen bekannter Musiker wie Georg Danzer und den ehemaligen Trio Austria 3 auf. Ulli Bäer musizierte in seiner Jugendzeit auf diversen Instrumenten, konzentrierte sich dann aber auf das Gitarrenspiel und konnte schließlich 1977 bei einem Bandwettbewerb 10 Stunden Aufnahmezeit im Studio von Renee Reitz gewinnen. Mit diesem verbuchte er in der Folge etliche Hits und kam an die Spitze der österreichischen Popmusik. Bei der Baranka Park Gedenkfeier tritt er mit Gitarristen Ulli Winter als Duo-Projekt Gebrüder Ulrich auf – eine musikalische Zeitreise von der Wiener Vorstadt via London bis nach Texas. Legendäres & Neues, Blues & Rock’n Roll, Country & Folk, Wiener Liedgut & Austropop – 2 Gitarren, 2 Stimmen, 2 Gebrüder und ihre unbändige Spielfreude über den bunten Liederreigen.
19.45 Uhr Ansprache: Schriftsteller Martin Auer
20 Uhr Konzert: Aliosha Biz & Alexander Shevchenko
Aliosha Biz ist der Spross einer aus Österreich stammenden Künstlerfamilie in Moskau. Dort erhielt er Violinunterricht an der Moskauer Zentralmusikschule, er studierte am Tschaikovskij-Konservatorium und spielte als Mitglied des Moskauer Jugendorchesters zahlreiche Konzerte in ganz Osteuropa. 1989 kam Aliosha Biz nach Wien, wo er sein erstes Konzert in der Wiener Fußgängerzone spielte. Dort entdeckte ihn der Musiker Hans Tschiritsch, der ihm die Schiene in die österreichische Musikszene legte, die ihn begeistert aufnahm. Aliosha Biz beschäftigt sich mit großer Leidenschaft mit der jüdischen Musik. Der Akkordeonist Alexander Shevchenko kommt ebenfalls ursprünglich aus dem „Großraum“ Sowjetunion. Seit Jahren sind die beiden kongeniale musikalische Partner, kennen sich mittlerweile in der Wiener Musik genauso gut aus und mischen diese spielfreudig mit ihren osteuropäischen Traditionen.
20.45 Uhr Ansprache: Erich Fenninger, Volkshilfe Österreich
21 Uhr Konzert: Harri Stojka & Roma Musik Ensemble feat. Moša Šišic
Der international bekannte Gitarrist Harri Stojka präsentiert mit seinem Ensemble Musik aus dem reichen Fundus der Roma Tradition und möchte damit die Geschichte seines Volkes dem Publikum etwas näher bringen und auch auf die musikalische Gegenwart hinweisen. „Es geht bei meinem Roma Musik Programm in erster Linie darum, einer breiten Öffentlichkeit mehr über unsere Herkunft, unsere Freude, den Schmerz, die Vielfalt unserer Musik und unsere Sprache näher zu bringen.“ Harri Stojka unternimmt mit seinem Programm den Brückenschlag zwischen den alten Traditionen und der sich ständig verändernden Welt der Rom von heute. In der Überzeugung, dass nur gelebte kulturelle Identität den Weg in eine bessere Zukunft weist.
Der Eintritt ist frei!
Weitere Informationen: www.voiceofdiversity.at