Mit dieser Artikel-Serie bündelt mica – music austria die Erfahrungen und Sichtweisen von Frauen im Musikbusiness. Weil es noch immer viel zu tun gibt. Die Klarinettistin und Komponistin Petra Stump-Linshalm gibt uns einen Einblick.
Es ist unbestritten, dass es strukturelle Probleme in der Musikbranche – und im weitesten Sinne in unserer Gesellschaft – gibt, was Geschlechtergerechtigkeit betrifft. Die gute Nachricht: Auf der Diskursebene finden feministische Perspektiven mittlerweile Eingang ins Musikbusiness, beschäftigt man sich näher mit FLINTA*s im Musikbusiness, findet man Studien, Forderungen und Förderungen. Doch wie sieht es im tagtäglichen Geschäft aus? Wie ist es um die Chancengleichheit im Alltag einer Musikerin, Komponistin, Tontechnikerin, Managerin, Labelchefin bestellt? Wir haben nachgefragt.
Welche Personen/Institutionen/Förderprogramme haben dir auf deinem Weg im Musikbusiness weitergeholfen?
Petra Stump-Linshalm: Die Person, die mich überhaupt auf die Idee gebracht und bestärkt hat, auch einen eigenen Weg zu gehen und meine persönlichen Vorhaben umzusetzen, war mein inzwischen leider schon verstorbener Lehrer aus Amsterdam, Harry Sparnaay. Weitergeholfen und all die Jahre begleitet hat mich Heinz-Peter Linshalm, der nicht nur mein idealer Musikpartner ist, sondern mit dem ich unzählige Projekte entwickelt und auf die Beine gebracht habe. Die ersten Schritte ins professionelle Berufsleben hat mir die Jeunesse ermöglicht. Wichtig auf dem weiteren Weg waren viele einzelne Menschen und Organisationen, die mir vertraut haben. Um nur einige zu nennen: das NASOM-Programm hat Türen geöffnet, das Land Vorarlberg unterstützt mich nach wie vor tatkräftig und ohne die apoll edition wären viele meiner Kompositionen gar nicht erst möglich.
Wie und wodurch hast du Erfahrung im Musikbusiness gesammelt?
Petra Stump-Linshalm: Ich habe stets versucht meine Ideen auch umzusetzen. Von Management und Business in diesem Sinne habe ich im Grunde keine Ahnung außer den Erfahrungen, die man aus learning by doing schöpft. Dabei gab’s immer wieder unterschiedliche Wege und Möglichkeiten die sich aufgetan haben oder auch nicht. Ich mache diese Arbeit aber nicht gerne und meiner Meinung nach sollten Künstler:innen sich ihren Aufgaben und Visionen widmen können und nicht die Zeit mit Management vergeuden müssen. Leider wird die Selbstvermarktung immer wichtiger.
Was waren die größten Hürden und wie konntest du sie überwinden?
Petra Stump-Linshalm: Die größte Hürde waren und sind noch immer Auftrittsmöglichkeiten zu bekommen und diese Hürden bleiben bei den meisten Musiker:innen auch ein Leben lang bestehen. An Ideen mangelt es nicht, aber an Orten, Möglichkeiten und Mitteln sie umzusetzen. Wenn man sich um das alles selbst kümmern muss, dann bleibt für die eigentliche künstlerische Tätigkeit weder Zeit noch Energie.
In welcher Form wurdest du auf deinem Karriereweg unterstützt?
Petra Stump-Linshalm: In Form von finanzieller Unterstützung wie z.B. durch den SKE-Fonds, das Bundesministerium, das Land Vorarlberg und von einzelnen Menschen oder Veranstalter:innen.
Wo hättest du dir (mehr) Unterstützung gewünscht?
Petra Stump-Linshalm: Mehr Flexibilität für Förderungen im Bereich eigener Projekte – die passen nämlich selten zu den vorgegebenen Ausschreibungen.
„In jungen Jahren war es leicht Aufmerksamkeit zu bekommen. Jetzt spüre ich leider kaum, dass langjährige Expertise und Erfahrung auf den unterschiedlichsten Gebieten wertgeschätzt oder gefragt wird.”
Hattest du selbst passende Role-Models in deinem Umfeld, an denen du dich orientieren konntest?
Petra Stump-Linshalm: Nein, aber vielleicht war das gut so.
In jungen Jahren war es leicht Aufmerksamkeit zu bekommen. Jetzt spüre ich leider kaum, dass langjährige Expertise und Erfahrung auf den unterschiedlichsten Gebieten wertgeschätzt oder gefragt werden.
Welche Role-Models gibt es in Hinblick auf Frauen im Musikbusiness aktuell?
Petra Stump-Linshalm: Das kommt ganz darauf an um welches Genre es geht und was selbst angestrebt wird – geht es um finanziellen oder kommerziellen Erfolg oder um eine künstlerische Entwicklung abseits von bekannten Schubladen.
Was kannst du selbst weitergeben?
Petra Stump-Linshalm: Beharrlichkeit und Begeisterung und ich gebe immer gerne mein Wissen und meine Erfahrungen in allen Bereichen weiter, denn wir sitzen alle im selben Boot.
Welche Rolle spielt das Alter für dich?
Petra Stump-Linshalm: Als junger Mensch brachte ich viel Schwung und Energie für meine Projekte auf und im Laufe der Jahre wurde daraus Erfahrung und ich plane nun mit mehr Besonnenheit. In jungen Jahren war es leicht Aufmerksamkeit zu bekommen. Jetzt spüre ich leider kaum, dass langjährige Expertise und Erfahrung auf den unterschiedlichsten Gebieten wertgeschätzt oder gefragt werden. Ich freue mich aber über jedes Lebensjahr, das ich dazugewinne, denn das älter werden bringt auch viel Positives mit.
„Wien bietet an und für sich eine durchaus diverse Musikszene. Ich würde mir nur gleiche Chancen, Möglichkeiten, Räumlichkeiten und Bezahlung für alle wünschen, denn da ist eine Schieflage.“
Was würdest du dir für eine diversere Musikszene wünschen?
Petra Stump-Linshalm: Ich finde Wien bietet an und für sich eine durchaus diverse Musikszene. Ich würde mir nur gleiche Chancen, Möglichkeiten, Räumlichkeiten und Bezahlung für alle wünschen, denn da ist eine Schieflage. Auch dass die Musikprogramme nicht andauernd mit Themen, Regeln und Auflagen divers gestaltet werden müssen, sondern es einfach ganz normal wird Verschiedenstes zu integrieren, nebeneinander stehen zu lassen und einen Platz zu geben.
Welche Fragen wurden dir häufig gestellt, die einem Mann niemals gestellt werden würden?
Petra Stump-Linshalm: Kann ich mich an keine erinnern oder es hat mich vielleicht nicht weiters beschäftigt. Ich muss zugeben, dass ich im Grunde öfters Vorteile als Frau hatte – das darf ruhig auch einmal gesagt werden.
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Petra Stump-Linshalm
Petra Stump-Linshalm (Musikdatenbank)