100 Prozent: Christine Gnigler

Mit dieser Serie bündelt mica – music austria die Erfahrungen und Sichtweisen von Frauen im Musikbusiness. Warum „100 Prozent“? Weil Gleichstellung zu 100 Prozent anstrebenswert ist… und es immer noch viel zu tun gibt. Dieses Mal im Interview: die Blockflötistin und Barockfagottistin Christine Gnigler (u.a. VIVID Consort, Pneuma).

Welche Personen/Institutionen/Förderprogramme haben dir auf deinem Weg im Musikbusiness weitergeholfen?

Christine Gnigler: Vor allem hat mir der Austausch mit Kolleg:innen geholfen. Darüber hinaus war das NASOM-Programm für unser Trio VIVID Consort wegweisend, und somit auch für mich persönlich. 

Wie und wodurch hast du Erfahrung im Musikbusiness gesammelt? Was waren die größten Hürden und wie konntest du sie überwinden?

Christine Gnigler: Tun! Vieles ausprobieren, viele Erfahrungen sammeln, viele Menschen kennenlernen. Und dabei immer darauf achten, was davon sich gut anfühlt und was nicht. Das ist wahrscheinlich immer noch die größte Hürde: nein zu sagen, wenn die Rahmenbedingungen einfach nicht stimmen. Das bezieht sich einerseits auf die finanzielle Wertschätzung, aber auch auf die menschliche.

In welcher Form wurdest du auf deinem Karriereweg unterstützt? Wo hättest du dir (mehr) Unterstützung gewünscht?

Christine Gnigler: Das ist schwer zu sagen. Das ganze System für freischaffende Musiker:innen krankt so sehr, dass man gar nicht recht weiß, wie und wo man anfangen soll. Ich hätte vor allem gerne mehr Geld und mehr Zeit für meine Arbeit. Punkt. Mehr Unterstützung hätte ich mir von öffentlicher Seite gewünscht und tue das noch immer. Mehr Geld für Musik und Kunst.  Das kann doch nicht so schwer sein! Wir hantieren die ganze Zeit mit lächerlichen Summen herum, die uns alle nur knapp vorm kompletten Ertrinken bewahren. Wer da nix erbt oder einen zweiten Beruf hat, hat verloren. Viel mentale Unterstützung habe ich von Kolleg:innen bekommen. Sich gegenseitig Zuspruch für die Arbeiten geben ist sehr wertvoll und wichtig.

„… ich hatte definitiv zu wenige Frauen in meinem Umfeld.“

Hattest du selbst passende Role-Models in deinem Umfeld, an denen du dich orientieren konntest? 

Christine Gnigler: Ich habe mich an Musiker:innen orientiert deren Musik ich toll fand und dich ich als Personen sehr bewundert habe. Was genau es heißt, freischaffend zu sein, Musikerin zu sein, woran man da arbeitet, wie man an sich arbeitet, das wusste ich nur sehr vage. 

Und ich hatte definitiv zu wenige Frauen in meinem Umfeld. Das kam dann erst später, als man endlich gecheckt hat, dass Frauen zu wenig Bühne gegeben wird und sich Bemühungen dahingehend etabliert haben. Da hab ich das dann auch mitbekommen, wie viele tolle Musiker:innen und Künstler:innen es gibt. Und auch, wieviel Arbeit noch vor uns liegt! 

„… vielleicht haben sich die Role-Models gar nicht sonderlich verändert, sondern nur der verdammte Male Gaze darauf…“

 Welche Role-Models gibt es in Hinblick auf Frauen im Musikbusiness aktuell? 

Christine Gnigler: Viele! Sie sind überall! Man muss nur hinschauen! So viele Frauen machen was sie wollen, ohne sich anzupassen, ohne zu zögern. Das ist so wunderschön und gibt sehr viel Hoffnung. Das haben sie eh immer schon gemacht, aber sind sie halt leider nicht gehört worden damit, eher verurteilt. Also vielleicht haben sich die Role-Models gar nicht sonderlich verändert, sondern nur der verdammte Male Gaze darauf, der damals leider auch meinen Blick verschwommen gemacht hat. 

Was kannst du selbst weitergeben?

Christine Gnigler: Meine Musik. 

„Jung und weiblich sein im Musikbusiness ist hart. Alt und weiblich sein auch. Also ist es auch wieder wurscht.“

Welche Rolle spielt das Alter für dich?

Christine Gnigler: Jung und weiblich sein im Musikbusiness ist hart. Alt und weiblich sein auch. Also ist es auch wieder wurscht. 

Was würdest du dir für eine diversere Musikszene wünschen?

Mehr Diversität. 

Welche Fragen wurden dir häufig gestellt, die einem Mann niemals gestellt werden würden?

Christine Gnigler: Darf ich die Frage leicht abändern? Dann lautet die Frage: An welchen Stellen wurdest du häufig ungefragt berührt, an denen ein Mann niemals berührt werden würde? An sehr vielen, von sehr unterschiedlichen Männern. Veranstalter, Kollegen, Publikum … jeden Alters, jeder Szene. Unangenehme Fragen sind genauso blöd, aber da kann ich persönlich besser umgehen damit. 

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Links:
Christine Gnigler (Musikdatenbank)