Urheberrechtsabgabe – was nun?

Seit 1. Oktober wird in Österreich auf Festplatten die so genannte Urheberrechstabgabe eingehoben. Darüber, ob diese Abgabe gerechtfertigt ist, wenn ja wie hoch sie sein soll, wem sie nützt und wem sie vielleicht sogar schadet, ist eine heiße Diskussion entbrannt, die nun in einem Prozess kumuliert.

Was ist die so genannte Urheberrechtsabgabe? Nach dem Urheberrechtsgesetz bestimmt der Schöpfer eines künstlerischen Werkes, wer welche kommerzielle Aktivität damit setzen darf. Im Zuge der Massennutzung von Musik hat der Gesetzgeber die Vervielfältigung für den privaten Bereich erlaubt, aber dafür eine pauschale Vergütung eingeführt, die so genannte Leerkassettenvergütung. Der Handel nennt sie Urheberrechtsabgabe. Im Zuge der technischen Neuerungen wurde diese Vergütung für das Kopieren auf Leerkassetten auf die CD, die DVD und jetzt – ab 1.10.2010 – schließlich auf die Festplatte ausgedehnt.

Die austro mechana kassiert die Leerkassettenvergütung für Ihre eigenen Rechteinhaber (Komponisten, Textautoren und Musikverleger) und auch für alle anderen Berechtigten, die durch die Verwertungsgesellschaften Literar-Mechana, LSG, VAM, VBK, VDFS und VGR vertreten werden.

Der von den Medien bislang kolportierte Preis zwischen zwölf und 36 Euro (ohne Umsatzsteuer) je nach Art und Größe der Festplatte sei schlichtweg falsch, so Ursula Sedlaczek, Direktorin der AUME, weil es einen Vertragstarif für diejenigen gibt, die freiwillig an die AUME reporten. Jene 36 Euro also, von denen die Medien immer wieder berichteten, werde kein Mensch zu bezahlen haben, so Sedlaczek. Der Tarif der AUME orientiert sich jedoch nicht am Produktpreis, sondern am Content, der möglicherweise auf der Festplatte ist, und seinem Wert.

Warum überhaupt eine Abgabe und auf welcher Grundlage? Die Austro Mechana geht unter Berufung auf aktuelle Marktstudien (GfK) davon aus, dass Festplatten in hohem Ausmaß zur Speicherung urheberrechtlich relevanter Inhalte genutzt werden. Die GfK, so Sedlaczek, habe jedenfalls eine Haushaltsbefragung durchgeführt und ausgewählte Haushalte nach dem Inhalt ihrer Festplatten befragt. Die Haushalte gaben Auskunft, was angesichts der von der Musikindustrie über Jahre geschürten Illegalitätsdebatte doch einigermaßen verwundert und die Vermutung naheliegt, dass die Dunkelziffer an unentgeltlich privat kopierten Festplatteninhalten noch höher liegt als das Umfrageergebnis vermuten lässt. Das Ergebnis der Umfrage sei auch für die AUME überraschend gewesen, so Sedlaczek.

Die genauen Zahlen – wie hoch also laut Studie der durchschnittliche Anteil an kopiertem Material auf einer Festplatte liegt – will Sedlaczek allerdings (noch) nicht preisgeben. Grund dafür ist ein von einem Vertreter der Industrie (kolportiert Computerhersteller Hewlett Packard (HP) stellvertretend für heimische Importeure und Computerhändler) mit Unterstützung der Wirtschaftskammer im Laufe des Novembers einzubringende Feststellungsklage. Dazu gleich. „Was man aber feststellen kann, ist, dass in großem Ausmaß kopiert wird und diese Kopien auch auf den Festplatten liegen“, so Sedlaczek.

Üblicherweise kommt die Höhe einer solchen Pauschalabgabe durch Übereinkunft zwischen den Verwertungsgesellschaften und der Wirtschaftskammer zustande. Ursula Sedlackez beschreibt das so: „Wir gehen mit dem Tarif, den wir uns vorstellen, zur Kammer und die hält uns dann entgegen, dass der Markt aber soundso aussieht und dann nähert man sich einander an. Nur dieses Mal hat die Kammer nicht mit uns geredet. Da wir aber nicht ewig warten können, haben wir uns zu dem Schritt entschlossen, den Tarif festzusetzen.“ Zum Leidwesen des Einzelhandels.

Die gerichtliche Auseinandersetzung:

Durch die eingehobene Abgabe wird der Einzelhandel nach Schätzungen der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) mit rund 30 Millionen Euro belastet, Wettbewerbsnachteile für den Standort Österreich entstehen: „Das ist ein handfester Wettbewerbsvorteil für jene EU-Staaten, in denen keine oder eine maßvollere Festplattensteuer eingehoben wird“, so die offizielle Erklärung. Das mica hat bei Ulrich Fuchs, Bundesobmann des Handels mit Maschinen und Computersystemen, nachgefragt.

Der österreichische Einzelhandel, der an den Letztverbraucher verkauft, werde laut ihm speziell in Grenzbereichen wie Salzburg, Bregenz und vor allem auch Wien, wo man an die Slowakei und Tschechien grenzt, erhebliche Nachteile erleiden. „Eine Festplatte mit 500 GB Speicherkapazität kostet heute zwischen vierzig und fünfzig Euro. Jetzt wird sie zwischen achtzehn und zwanzig Euro mehr kosten, zuzüglich der Mehrwertsteuer. In Tschechien gibt es diese Abgabe aber nicht. Bei einem Preis von 40 Euro ist das überlegenswert. Da würde ich uU auch nach Brünn fahren und dort Festplatten kaufen“, so Fuchs.

Dieses Problem sei jetzt schon bei Druckern zu beobachten. „Die Druckabgabe ist bei uns ganz anders strukturiert als in Deutschland, so dass ein normaler Drucker von HP, Brother oder wem auch immer in Deutschland um 30, 40 Euro weniger kostet als bei uns – und das bei Geräten, die um die 130, 140 Euro vom Grundpreis her kosten. Das sind dreißig Prozent, was eine ganze Menge ist“, so der Bundesobmann des Maschinenhandels.

Auf Seiten der Verwertungsgesellschaften kann man die Aufregung nicht ganz nachvollziehen. In Deutschland werde auch eine Urheberrechtsabgabe auf PCs verlangt, so Sedlaczek.

Und auch der Einkauf übers Internet sei keine Option. Sedlaczek: „Wir klagen auch laufend Internet-Plattformen und bekämpfen so das Phänomen, dass es Plattformen gibt, die von Luxemburg aus den europäischen Markt beliefern und einfach die Abgaben hinterziehen. Das also heißt, dass es auch das Hintertürl, via Internet die Abgabe zu umgehen und sich so einen Preisvorteil zu verschaffen es nicht mehr lange geben wird. „Einige haben ihr Service schon eingestellt. Den größten Kraken haben wir am Haken. Und der Rest wird folgen.“

Noch weniger nachvollziehen aber kann man bei der AUME eingehende Mails, in denen es heißt, dass ein Künstler, der vom Verkauf der CDs nicht leben kann, es besser gleich lassen soll und wie man überhaupt dazu komme, die Künstler zu subventionieren.“ Die Realität sei eine andere, so Sedlaczek. Womit wir beim Thema wären:

Um wessen Geld geht es eigentlich?
Die Frage ist leicht zu beantworten: Es geht um das Geld der Urheber – und zwar jener Urheber, die in der normalen Verteilung der Tantiemen auch schon berücksichtig werden. Die Urheberrechtsabgabe ist eine Pauschalvergütung, dh im einzelnen kann nicht nachvollzogen werden, was genau auf den Festplatten ist. Und so behilft man sich damit, das eingehobene Geld als Zuschlag, etwa 20%, die auf die normalen Tantiemen drauf geschlagen werden, auszuzahlen. Der Rest geht in die SKE, die wiederum sehr bereitenwirksam alle Arten von Produktionen unterstützt – auch solche, die nicht auf kommerziellen Erfolg abzielen. Wenn jemand 1 Euro Tantiemen bekommt, kriegt er aus der Leekassettenvergütung zusätzlich 20 Cent.

Dass es letztlich um das Geld der Urheber geht, scheint man unter den Urhebern aber nicht so richtig wahrgenommen zu haben, meint Ursula Sedlaczek.  Zumindest fehlten ihr in der bisherigen Situation Meinungen von Bezugsberechtigten.

„Vor einem Jahr hatten wir die Enquete zur sozialen Lage der Künstler. Seitdem ist wenig passiert. Die Leerkassettenvergütung speist zu 50% die SKE-Töpfe der Verwertungsgesellschaften. Da liegen wir mit den Einnahmen bei minus 40% des höchsten Standes, den wir schon einmal hatten. Da fragt sich, wer die Künstler fördern soll. Der Staat wird es nicht machen, wir haben kein Geld mehr und es scheint keinen Menschen zu kratzen.“

Tariffestsetzung, Gerichtsverfahren, was nun?

Da davon auszugehen ist, dass die am Rechtsstreit beteiligten Parteien eine höchstrichterliche Entscheidung erwirken wollen, ist mit einer Verfahrensdauer von bis zu drei Jahren zu rechnen. Bis dieses letztinstanzliche Urteil vorliegt, ist die Rechtslage eindeutig: Ab 1.10. 2010 ist diese Abgabe für alle in Verkehr gebrachten Festplatten zu bezahlen. In dem Moment, wo ein Importeur die Festplatte hier in Österreich in Verkehr bringt, muss er die Abgabe entrichten. Er wird sie an den Einzelhandel, weitergeben, der sie wiederum an den Endverbraucher weiter gibt. Sollte sich mit dem zu erwartenden Urteil allerdings herausstellen, dass die Einhebung einer solchen Abgabe nicht rechtens ist, kann sie zurück gefordert werden. Dh der Importeur macht sie bei der AUME geltend, der Einzelhändler beim Importeur und der Endabnehmer beim Einzelhändler.

Was ist mit Festplatten, die kein urheberrechtlich relevantes Material enthalten?
Gewerbliche Kunden können die Abgabe von der Austro Mechana zurückfordern, wenn sie glaubhaft machen können, dass „Trägermaterial für eine Vervielfältigung auf Grund der Einwilligung des Berechtigten benutzt“ wird, wie es im Urheberrechtsgesetz heißt. In der Praxis ist das jedoch für kleinere Abnehmer ein extremer Aufwand.

Der Privatkunde, der die Festplatte tatsächlich rein zu dem Zweck hat, seine Urlaubsfotos und ein Daten-Back-Up seines von unentgeltlichen Privatkopien freien Rechners, nutzt, freilich nicht. Ungeklärt – wie auch schon in ähnlichen Fällen zur Privatkopie – ist auch, weshalb man für ein bei iTunes gekauftes Stück, für ein urheberrechtlich geschütztes Erzeugnis also, für das man schon einmal bezahlt hat, noch einmal eine Abgabe entrichten sollte. Kritiker der Abgabe fordern auch, dass die auf “generallizenzierten” Festplatten befindlichen Werke im Gegenzug als “ordentlich erworben” anzusehen sein sollten, womit endlich die Grauzone (welcher Download ist legal/illegal/grenzlegal) beseitigt wäre.

Ausblick
Die Verwertungsgesellschaften unterlagen bereits zweimal bei Rechtsstreitigkeiten um Urheberrechtsabgaben auf Festplatten. Im August 2005 wies der OGH die Ausweitung der „Leerkassettenvergütung“ auf Festplatten in PCs und Notebooks zurück. Tarife für MP3-Player bestätigte das Gericht damals jedoch. Eine 2006 von der Verwertungsgesellschaft Literar-Mechana geforderte Reprografieabgabe für in Österreich in Umlauf gebrachte PCs in der Höhe von 18 Euro wurde 2009 vom OGH ebenfalls zurückgewiesen.

Aber: Ein Argument, das sich schwer widerlegen lässt ist, dass der PC in den letzten Jahren tatsächlich zum zentralen Speichermedium in jedem Haushalt herangereift ist. Fernseher, USP etc. etc. Vernetzt wird, wo und wie es nur geht. Und hier gibt Sedlaczek zu bedenken: „Diese Möglichkeiten würden alle niemanden interessieren, wenn es nicht die Möglichkeit gäbe, Privatkopien anzufertigen.“ Dennoch: Der Ausgang des Verfahrens ist ungewiss. Wie sagt man so schön: Vor Gericht und auf hoher See kann alles passieren.
Markus Deisenberger