Parlamentsdiskussion „Österreich.Musik.Zukunft“ – Kommt jetzt die Radioquote?

Auf Einladung von SPÖ Kunst- und Kultursprecherin Elisabeth Hakel diskutierten gestern Musikschaffende und Vertreter der Musikwirtschaft im Parlament nicht öffentlich über die Zukunft österreichischer Musik. Auf der anschließenden Pressekonferenz wurden vier Forderungen verlesen, auf die man sich einigen konnte.

Der Shitstorm im Zuge des abfälligen Kommentars von Ö3-Moderatorin Elke Lichtenegger mag zwar nicht direkter Auslöser dieses runden Tisches gewesen sein, doch die Ö3-Moderatorin hat der heimischen Musiklandschaft zweifelsohne einen großen Dienst erwiesen. Die Aufmerksamkeit für das Thema „Österreichische Musik und ihre Wertschätzung in den Medien“ jedenfalls war selten so groß wie heute.

Internationale Wertschätzung

Und nicht alles ist schlecht. Ein eingangs der Pressekonferenz eingespielter Filmbeitrag zeigt österreichische Bands beim diesjährigen Eurosonic-Festival. Er bleibt zwar in weiterer Folge unkommentiert, was dem filmischen Beitrag jedoch unzweifelhaft zu entnehmen war, ist die ungeheure Wertschätzung, die österreichische Pop-Musik derzeit im Ausland erfährt. So hatte das holländische Festival 2014 einen Schwerpunkt auf österreichische Musik gesetzt. Unter dem Motto “Austrian Heartbeats” wurden Musikexperten, Medien und lokalem Publikum 18 heimische Bands vorgestellt. Viele Konzertbesucher äußerten sich nach den Darbietungen überrascht von Vielfalt und Qualität des Dargebotenen – ein Aha-Effekt, der sich wohl auch bei so manchem Radio- oder Fernseh-Redakteur einstellen würde, wüsste er nur mehr über heimische Musik. Das Dilemma aber ist: Wie soll sich die im Ausland vorhandene Wertschätzung auch im Inland widerspiegeln, wenn die Musik von den heimischen Medien sträflich vernachlässigt wird?

Programmierung an Drittunternehmen ausgelagert

Genau diesem Dilemma wollen die Teilnehmer des runden Tisches nun mit einem Forderungs-Katalog beikommen, der u.a. eine verbindliche Quotenregelung von 40% heimischer Produktionen beinhaltet. Deren Umsetzung sei ein Gebot der Stunde, so Elisabeth Hakel, denn „der Hut brennt.“ Und so sei es auch längst an der Zeit gewesen, sich hinzusetzen und gemeinsam darüber nachzudenken, wie sich die gegenwärtige Situation verbessern ließe.

Die Nicht-Repräsentanz österreichischer Musik vor allem in Ö3, Radio Wien und im Fernsehen, heißt es in diesem Forderungskatalog, gefährde einen ganzen Wirtschaftszweig. Der ORF aber habe aufgrund seiner Gebührenfinanzierung die Aufgabe, österreichische Musik angemessen zu präsentieren.
Die bis Ende 2014 geltende Musikcharta, die von ORF und Musikschaffenden unterzeichnet wurde, sei in jedem Fall einzuhalten. Die Zahlen aber würden das genaue Gegenteil zeigen: Der ORF habe sich bislang nicht an die Vereinbarung gehalten. Nachdem diese Selbstverpflichtung also gescheitert sei, brauche es eine verbindliche Quotenregelung in Höhe des europäischen Durchschnitts von 40 Prozent heimischer Produktionen.
Der ORF habe seinem Kultur- und Bildungsauftrag in jedem einzelnen seiner Sender nachzukommen. Die Programmhoheit müsse daher beim Sender selbst liegen. Die Programmierung müsse durch die Redakteure des jeweiligen Senders selbst erfolgen.
Mit dem letzten Punkt wird auf die gängige und auch von Ö3 so gehandhabte Praxis im Formatradio angespielt, die eigentliche Programmierung an Drittunternehmen auszulagern. Insbesondere wenn solche Unternehmen dann im Ausland situiert sind, sei es doch geradezu logisch, dass österreichische Musik zu kurz komme, konstatiert Alexander Hirschenhauser vom Independent-Verband. „Was man jedoch bräuchte, sei ein Radio, das nicht Hits spielt, sondern Hits macht“, formuliert es Hakel spitz. Ganz speziell werde der ORF und Radio Wien angesprochen.

Der Österreicher-Anteil so niedrig wie noch nie

Und die Quote? Sei die denn tatsächlich notwendig? „Offenbar schon“, meint Produzent Thomas Rabitsch. Mit der Freiwilligkeit der Charta habe man schließlich keinen Erfolg gehabt.

Tatsächlich zeigt die ORF-interne Auswertung deutlich, dass die freiwillige Selbstverpflichtung des ORF und der erreichte Wert an heimischer Musik immer weiter auseinander klaffen (Quelle: SOS-Musikland). Der Österreicher-Anteil habe sich im Gegenteil seit Inkrafttreten der Charta halbiert und sei so niedrig wie noch nie, erklärt Hannes Eder von Universal Music. Generell sei die 2009 von Generaldirektor Wrabetz unterschriebene Charta offenbar kein Auftrag für den Ö3-Chef gewesen, ergänzt Hakel.

Und entgegen einer oft geäußerten Ansicht sei die Quote auch kein Anschlag auf die journalistische Freiheit, sie stecke einfach nur einen Rahmen ab, innerhalb dessen freie Programmierung stattfinden solle, ergänzte Samuel Fischer (My Glorious Productions).
Die Forderung einer Quote sei doch immer legitim, stellt Walter Gröbchen (Produzent, Autor, Musikverleger, Monkey Music) fest. Ob sie durchsetzbar ist, werde sich noch zeigen. So wird die Vereinbarkeit einer gesetzlich festgeschriebenen Quote mit der EU-Grund-und Freiheitscharta derzeit noch geprüft.

Die ausformulierten Forderungen jedenfalls seien von der Politik mitgetragen, so Hakel. Nun gehe es an die Umsetzung. Weitere Gespräche, einerseits mit den Musikschaffenden, andererseits mit dem Kulturminister, seien geplant. Danach werde es auch eine Runde mit ORF-Generaldirektor Wrabetz geben.

Die Wertschätzung österreichischer Musik, so Gröbchen abschließend, drücke sich auch durch Kommunikation aus. Die habe man jetzt auf verschiedenen Ebenen zu führen.
Markus Deisenberger
Die Diskussions- und Vortragsreihe mica focus wird unterstützt durch die Abteilung für Wissenschafts- und Forschungsförderung der MA7 Wien.