Porträt: Mia Zabelka

Spricht man über Mia Zabelka, so spricht man über eine der vielschichtigsten MusikerInnen, die im Moment hierzulande am Werken ist. Kategorien sind der gebürtigen Wienerin vollkommen fremd, vielmehr strebt die disziplinenübergreifend agierende E-Violinistin und Komponistin  in ihren Arbeiten danach, unterschiedlichste künstlerische  Ansätze miteinander in Verbindung zu setzen. Mit dem Ziel, die Grenzen der elektroakustischen Musik immer wieder neu auszuloten, widmet sich Zabelka nun schon über zwanzig Jahre der Entwicklung experimenteller Improvisationstechniken, wobei sie ihr Hauptaugenmerk im Besonderen auf die Erforschung des Verhältnisses von Körper, Gestik, Klang und Raum legt.

“Crossover verstehe ich nicht als konstruiertes Zusammenführen unterschiedlicher Musikstile. Verschiedene musikalische Genres, die mich interessieren, von zeitgenössischer E-Musik, über Free Jazz, Elektronische Musik, Punk, klassische Musik bis Heavy Metal werden durch mich, durch meinen Körper gefiltert. Aus diesem Konzentrat schaffe ich dann eine neue Sprache, meine ganz spezifische Ausdrucksweise“, so Mia Zabelka über ihre Arbeit.

Mia Zabelka alleine dem Begriff der „Musikerin“ zuzuschreiben, greift definitiv zu kurz. Dafür bewegt sich die 1963 in Wien geborene Klangkünstlerin viel zu sehr an den Schnittstellen zwischen den unterschiedlichen Spiel- und Kunstformen. Die Weigerung sich alleine auf einen einzelnen Bereich festzulegen, lässt die Violinistin und Komponistin in ihren facettenreichen Arbeiten oftmals auch Brücken hin zu Bereichen wie Theater, Literatur und Performancekunst schlagen. Stilistisch bewegt sich Mia Zabelka fernab herkömmlicher Stildefinitionen.

Angetrieben von der Neugier nach dem Neuen entledigt sie sich des engen Korsetts des Festgeschriebenen und beschreitet Pfade, die bislang noch nahezu unerforscht und ungehört geblieben sind. Mit der Akribie und Neugier einer Wissenschaftlerin versucht die E-Geigerin und Komponistin, die Grenzen des Machbaren immer wieder zu verrücken  und dem ohnehin schon weiten Klangspektrum ihrer eigenen Musik neue Facetten zu entlocken.

Zentrale Rolle im Schaffen der gebürtigen Wiener nimmt die über Jahre hinweg entwickelte und von ihr selbst als “automatic playing” bezeichnete Arbeitsmethodik ein. Abgeleitet von Friederike Mayröckers Ansatz des “automatic writing”, bedeutet es nichts anderes als Kunst „aus dem Körper heraus” zu erschaffen. Dieser Zugang ermöglicht es der Geigerin, die sich quasi selbst in einen Klangerzeuger umfunktioniert, Improvisationen auf eine neuartige Weise impulsartig zu lenken, ohne dabei auf festgelegte Parameter oder festgeschriebene musikalische Gesetze Rücksicht nehmen zu müssen. Überhaupt scheint für Mia Zabelka mehr der Weg das Ziel, der Prozess an sich, dessen Ergebnis erst am Ende hörbar gemacht wird.

Studiert hat die heute in der Südsteiermark lebende und mehrfach ausgezeichnete Mia Zabelka am Konservatorium der Stadt Wien Komposition bei Kurt Schwertsik sowie Violine bei Alexander Arenkov. Dem folgt das Studium der elektroakustischen Musik bei Roman Haubenstock-Ramati und Dieter Kaufmann an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Anschließend führen Konzertreisen die Klangkünstlerin quer durch Europa, in die Vereinigten Staaten, sowie in die ehemalige Sowjetunion.

In den darauffolgenden Jahren gelingt es Mia Zabelka immer mehr, sich auch in der internationalen Klangkunstszene einen hervorragenden Ruf zu erarbeiten. So wird sie etwa als „Composer in residence“ an die renommierte Kunststation St.Peter in Köln geladen. Darüber hinaus zeigt sie sich für Arbeiten am Elektronischen Studio des WDR, des ZKM/ Karlsruhe, des STEIM/ Amsterdam und am Experimental Studio des Warschauer Rundfunks verantwortlich. Auftragswerke liefert Mia Zabelka unter anderem für die Salzburger Festspiele, die Ars Electronica, den steirischen herbst, Jeunesse Wien sowie für die Wiener Festwochen ab.

Musikalisch ist die sich zu allen Richtungen hin offen zeigende Mia Zabelka über die Jahre hinweg in stilistisch höchst unterschiedlichen Formationen unterwegs. So ruft sie 2002 gemeinsam mit der Wiener Elektronikerin Electric Indigo das vielbeachtete Projekt „colophony circuit“ ins Leben. Nur ein Jahr darauf vereinigt sie sich in der One.Night.Band mit der aus Kroatien stammenden Elektroakustikerin Zahra Mani.

Von 1995 bis 2000 übernimmt die Künstlerin die künstlerische Leiterin des Klangturm St. Pölten. Seit 2007 leitet Mia Zabelka das von ihr im steirischen Untergreith gegründete klang.haus, das sich inzwischen als ein bedeutendes internationales Zentrum für Veranstaltungen im Bereich der Klangkunst etabliert hat. Im kommenden Jahr kuratiert die E-Violinistin und Komponistin das im Oktober in Wien  Klangkunstfestival „phonofemme“. (mt)

http://www.miazabelka.com/