„Haben uns durchgekämpft“ – OLYMPIQUE im mica-Interview

Olympique 1OLYMPIQUE haben es als eine von gleich mehreren Salzburger Bands geschafft: Mit ihrem Album „Crystal Palace“ haben sie den deutschen Markt erobert. Und mit ihren Liveauftritten bereichern sie die Festivallandschaft. Drummer NINO EBNER über unverkennbaren Sound, Teilzeitarbeit und weggefallenes Konkurrenzdenken. Das Interview führte Markus Deisenberger.

Olympique ist eine nach österreichischen Maßstäben erfolgreiche Band. Ihr verkauft Alben, spielt im deutschsprachigen Raum, werdet auf Festivals eingeladen. Der Erfolg allerdings, um das klarzustellen, von dem wir hier reden, ist ein relativer. Es geht sich gerade einmal aus. Kann man das so sagen?

Nino Ebner: Genau. Der erste Schritt für uns war, nichts mehr drauflegen zu müssen, genug Polster für Investitionen zu haben und aus Salzburg und Österreich rauszukommen. Weltberühmt in Österreich zu sein, wie man so schön sagt, nützt ja nicht viel, wenn man den Anspruch hat, sich international zu präsentieren. Nachdem es durch Bilderbuch und Wanda in Deutschland derzeit einen kleinen Österreich-Hype gibt, versuchen wir, das auch für uns zu nutzen. Man merkt einfach, dass in Deutschland derzeit die Newcomer fehlen. Die meisten neuen deutschen Bands bewegen sich im Fahrwasser von Revolverheld und dergleichen. Auch was englischsprachige Musik angeht, fehlen die vielversprechenden Nachkömmlinge. Eine Chance also, die es zu nützen gilt.

Wo soll es mit Olympique hingehen? Was sind die Ansprüche?

Nino Ebner: Wir haben uns durch unser Debütalbum einen ganz guten Status in Österreich erarbeitet. Wir sehen das aber als Basisschritt, der notwendig war, um weiter zu machen. Das Ziel ist sehr einfach: sich als Band längerfristig zu etablieren.

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Wo stehen Sie unter Vertrag?

Nino Ebner: Booking und Management macht Arcadia. Und wir haben wirklich gute Partner in Deutschland, die uns längerfristig auch dort etablieren wollen.

Haben Sänger Fabian und Sie auch noch bürgerliche Berufe?

Nino Ebner: Wir arbeiten geringfügig neben der Band.

Wie lässt sich das miteinander vereinbaren?

Nino Ebner: Es geht sich gerade so aus, sagen wir mal so. Derzeit muss es sich auch  ausgehen, weil wir die Einnahmen durch die Band größtenteils wieder in unser gemeinsames Projekt investieren. In ein neues Album, in Videos und so weiter.

„Essenziell für uns war, dass wir irgendwann angefangen haben, mit dem Klavier zu arbeiten.“

Als Band haben Sie eine enorme Entwicklung durchgemacht. Wie würden Sie das beschreiben, was Sie heute machen?

Nino Ebner: Das war ein langer Prozess. Fabian und ich machen schon seit mehr als zehn Jahren gemeinsam Musik, wir haben uns durchgekämpft und lange an unserem Sound gearbeitet. Essenziell war für uns, dass wir irgendwann angefangen haben, mit dem Klavier zu arbeiten. Und wir haben gleichzeitig versucht, die Stimme von Fabian auf ein Level zu heben, auf dem sie wirklich gut raus kommt. Fabians Stimme ist grundsätzlich sehr facettenreich, man könnte vieles damit machen. Wir haben uns eher für die soulige Richtung entschieden, auch weil es sich richtig anfühlt. Und diese Stimmung in Verbindung mit Rock hat etwas sehr Eigenständiges. Das versuchen wir derzeit noch mehr auf die Spitze zu treiben, damit unser Sound wirklich unverkennbar Olympique wird.

Sie denken also, dass die Unverkennbarkeit des Sounds noch weiter ausbaubar ist?

Nino Ebner: Wir versuchen, uns ein bisschen von den Connections zu den 1980er und 1990er Jahren zu lösen und etwas Neues zu finden, ohne dass man, wenn man unsere Musik beschreiben will, sofort in diese „Klingt wie…“-Kategorien verfallen muss.

Das heißt, Sie experimentieren auch?

Nino Ebner: Na ja, ich glaube mit dem Album haben wir schon in die richtige Richtung gestoßen. Das gilt es jetzt zu perfektionieren. Die Facetten, die gut funktionieren – das Rockige, das Droppige in Verbindung mit eingängigen Melodien –, noch weiter auszubauen, ist das Ziel für unser zweites Album.

Machen Sie diese Arbeit allein oder haben Sie jemanden, der Ihnen produktionstechnisch unter die Arme greift und mit Ihnen an dieser Verbesserung arbeitet?

Olympique 2Nino Ebner: Beim Prozess des Songschreibens sind wir neuerdings zu viert (nachdem Leo nicht mehr dabei ist ), in jener Konstellation, in der wir auch live spielen (Vinzenz Eder – Klavier, Mario Fartacek – Bass). Wir haben in unserer Entwicklung durchaus externe Personen wie Produzenten gebraucht, die die einen oder anderen Inputs geliefert haben. Mittlerweile haben wir uns aber Eigenschaften und Fähigkeiten angeeignet, die es uns ermöglichen, sowohl auf der Bühne als auch im Proberaum oder im Studio als professionelle Band aufzutreten, in der jeder seine Rolle kennt und weiß, was er beziehungsweise was das Kollektiv im musikalischen Sinne will.

Nach langen Durstrecken, die Sie auch selbst ab den 1980er-Jahren miterlebt haben, erfährt die Salzburger Musikszene gerade einen unglaublichen Aufschwung. Eine derartige Breite an guten Bands gab es sicherlich noch nie. Wie erleben Sie das? Und was war Ihrer Meinung nach ausschlaggebend für diesen gleichzeitigen Erfolg mehrerer Bands?

Nino Ebner: Die Qualität war immer in einer gewissen Weise da. Aber die Bands haben es halt nicht wirklich rausgeschafft aus Salzburg, bis halt irgendwann die Resignation kommt. Dennoch muss man sagen, dass jene Bands, die jetzt die Ernte ihrer langjährigen Arbeit tragen, auch die Überbleibsel einer außerordentlich guten musikalischen und vielfältigen Generation sind. Steaming Satellites waren aus diesem Pool die erste Band, die es aus Salzburg rausschaffte. Bedingt unter anderem durch die Tour mit Portugal the Man sind sie auf einmal viel herumgekommen und haben dadurch auch eine Tür für andere Bands aufgestoßen.
Wir haben uns das Ganze ja auch eigentlich von Wien aus erarbeitet. In Salzburg stößt du halt sehr schnell an deine Grenzen. Für eine Salzburger Rockband ist das Rockhouse ja noch die einzige Institution, in der zumindest öfter als einmal im Jahr spielen kann. Da wird es irgendwann wichtig, zu expandieren. Wir haben unsere Fühler schnell nach Wien ausgestreckt und sind dann über Wien wieder nach Salzburg zurückgekommen. Es war einfach notwendig, in ganz Österreich bekannt zu werden. Und das lässt sich aus Salzburg nicht oder nur sehr schwer bewerkstelligen.

Trifft das auch auf andere Bands zu?

Nino Ebner: Ich denke schon, ja. Mynth leben in Wien, die Purple Souls sind verstreut, Please Madame hat über Circus Halligalli in Deutschland ihren Weg gefunden. Es ist einfach essentiell, sich der Netzwerke außerhalb von Salzburg zu bedienen.

Sind Sie mit Salzburger Bands vernetzt?

Nino Ebner: Ja schon, wir kennen uns eigentlich alle. Und wir schätzen uns. Und darin liegt, glaube ich, auch der große Unterschied zu früher. Das Konkurrenzdenken ist weggefallen. Man unterstützt sich und freut sich ehrlich, wenn eine befreundete Band Erfolg hat. Das regional eingeschränkte Denken wurde immer mehr abgelegt. Man nimmt sich ja gegenseitig nichts weg, im Gegenteil: Wenn es eine Band aus Salzburg schafft, ist der Weg für die nächste bereitet. Früher gab es viel zu viel Neid, das hat sich zum Glück geändert. Warum, kann ich auch nicht sagen, wahrscheinlich sind wir einfach erwachsen geworden.
Wesentliche Voraussetzung dafür, dass so etwas funktioniert, ist gegenseitiger Respekt. Der Respekt uns gegenüber, den wir oft vermisst haben, ist im letzten Jahr gekommen, durch harte Arbeit und viel Geduld. Dadurch ergibt sich eine ganz andere Basis für eine Zusammenarbeit. Und wenn man etwas zurückbekommt, gibt man das auch gerne wieder weiter. Und so entsteht ein Kreislauf, der die Salzburger Musikszene ganz gut beschreibt.

„Es dauert, bis man sich selbst darüber klar wird, was man überhaupt machen will.“

Das klingt euphorisch. Andererseits sind zehn Jahre, bis man respektiert wird, eine ganz schön lange Zeit …

Nino Ebner: Auch die Bilderbücher feiern heuer ihr zehnjähriges Jubiläum. Es dauert ein paar Sekunden, bis man sich darüber im Klaren ist, was man machen will, aber es dauert offensichtlich sehr lange, bis man weiß, wie man mit den Mitteln, die man hat, dorthin kommt.

Ich kann mich an ein Interview mit Wolfgang Descho [Geschäftsführer des Rockhouse, Anm.] erinnern, das fast zehn Jahre her sein muss. Damals hat er den Mangel an professionellen Managementstrukturen als das größte Defizit der Salzburger Musikszenen bezeichnet. Würden Sie sagen, dass sich dieses nach wie vor existente Defizit deshalb nicht mehr negativ auf Salzburger Bands auswirkt, weil ohnedies alle ihren Kopf rausstrecken, sich also ihre Managements, ihre Partner woanders suchen?

Nino Ebner: Ganz klar, ja. Es ist auch die Verbindung zwischen Salzburg und Wien besser geworden. Das ist keine unüberwindbare Hürde mehr, man ist mit Wiener Bands vernetzt. Oder man geht wie die Satellites über München. Das ist den meisten bewusst, dass man den Schritt wagen muss. Das Problem war lange Zeit, dass viele viel zu lange glaubten, es ginge sich aus, wenn man bleibt und es nur lange genug versucht. So einfach ist es halt nicht. Viele Junge gehen heute nach Wien studieren. Dadurch ergeben sich neue Connections.

Wie würden Sie Erfolg für Olympique bemessen? Worin besteht er?

Nino Ebner: Das fängt damit an, eine eigene Tour zu spielen. Aber wirklich realisieren kann man Erfolg nur bei den Konzerten selbst. Wenn in Wien 1.000 Leute ins WUK kommen, um uns zu sehen, und jede Show in Österreich am Ende ausverkauft ist, dann merkt man, dass man den Zeitgeist in irgendeiner Art und Weise getroffen haben muss. Ein paar Klicks oder Likes auf Facebook sind dagegen irrelevant. Um das geht es nicht. Am Ende des Tages geht es darum, dass man ein Konzert spielen kann, bei dem man etwas verdient.

Haben Sie vor, Ihre Jobs, wenn es gut genug läuft, hinzuschmeißen und nur noch Musik zu machen?

Olympique 3Nino Ebner: Das ist das große Ziel, ja. Wir machen unsere Jobs zwar gerne, aber es ist jetzt schon unheimlich eng. Irgendwann wird es sich einfach nicht mehr ausgehen. Natürlich wäre es schön, sich voll und ganz auf die Musik konzentrieren zu können. Sagen wir so: Es ist nicht unrealistisch, wenn wir die richtigen Schritte setzen. Der Plan ist, ab dem zweiten Album davon leben zu können.

Wenn man davon leben will oder muss, lauert aber immer auch die Gefahr, dass man zu kommerziell wird und sich dadurch selbst im Weg steht. Wo liegt da für Sie die Grenze?

Nino Ebner: Es besteht ein Unterschied darin, einen Song zu schreiben, der vielen gefällt und darin, einen Song zu schreiben, der darauf ausgelegt ist, auf kommerziellen Plattformen zu laufen. Es ist einfach beschämend, dass ein paar wenige alternative Radiosender (FM4, soundportal) 99 Prozent der existierenden Musik und 99,9 Prozent der nationalen Musik abdecken, während Ö3 zum dritten Mal an diesem Tag „The Eye of the Tiger“ abspielt und nicht im Ansatz wissen will, ob „Rocky“ nicht vielleicht noch mehr Titel auf seinem iPod hat.

Die Frage ist aber doch, ob man auf Ö3 verzichten kann, wenn man erfolgreich sein will. Die Radioerhebungen zeigen, dass ich es allein mit der FM4-Reichweite von nur knapp 4 Prozent nicht schaffen werde, über das Radio ein größeres Publikum zu erreichen.

Nino Ebner: Bilderbuch und Wanda beweisen das Gegenteil. Natürlich kommt auch Ö3 irgendwann nicht mehr drum herum. Wir würden uns ja jetzt auch nicht quer legen, wenn sie dort einen Song von uns spielen würden. Das wäre ja sehr zu begrüßen. Allerdings werden sie dafür keinen Song erhalten, der für sie maßgeschneidert ist.

Wäre der Weg, den die Makemakes über den ESC gegangen sind, einer für Sie gewesen?

Nino Ebner: Nein. Wir wurden ja auch gefragt, ob wir bei der Vorausscheidung mitmachen wollten. Für uns kam das aber nicht in Frage. Der Song Contest ist aus meiner Sicht eine riesige Blase, die irgendwann platzt. Und dann steht man erst wieder dort, wo man angefangen hat. Das ist definitiv nicht unser Weg. Aber ich will das keinesfalls schmälern, was die Makemakes gemacht haben. Für sie war das die richtige Entscheidung, denke ich.

Eine ganz andere Frage: Haben Sie eigentlich urheberrechtlichen Stress wegen Ihres Videos „No Estate to Remind“ bekommen, das sich bekannter US-amerikanischer Filmklassiker annimmt und Sie als Band in diese unterschiedlichen Filme reinkopiert?

Nino Ebner: Nein, bislang noch nicht. Und war von vorneherein klar, dass wir uns da in einer Grauzone bewegen. In den USA wäre das über den Fair Use gedeckt. Das heißt, man darf Szenen nehmen, wenn man sie kreativ verändert, was wir ja gemacht haben. In Europa aber sind die Gesetze strenger. Wir haben es einfach riskiert. Wenn es Probleme gibt, dann nehmen wir den Film halt runter. Wir wollten nicht provozieren. Aber dass es in den Graubereich reingeht, war uns schon bewusst. Ein wenig Anecken kann doch auch schön sein, oder?

Auf jeden Fall. Ich fand das Video sehr amüsant. Wie geht es weiter?

Nino Ebner: Wir schreiben gerade an den Songs für das neue Album. Parallel dazu sind wir viel unterwegs zu Festival-Shows.

Wann geht es ins Studio?

Nino Ebner: Im Frühjahr 2016, so der Plan. Herauskommen wird das Album voraussichtlich im Herbst nächsten Jahres.

Vielen Dank für das Gespräch.

Markus Deisenberger
Fotos Olympique (c) Matthias Heschl

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